Arthur Schnitzler an Robert Adam, 10. 4. 1928

|Dr Arthur Schnitzler
|Herrn Hofrat Dr. Robert Adam Pollak,

|Dr Arthur Schnitzler 10. 4. 1928.

Verehrtester Herr Hofrat.

Ihr neues Werk, die Märchenkomödie, habe ich mit vielem Interesse, aber doch mit einer manchmal absinkenden Teilnahme an den Vorgängen des Stücks gelesen. Ich konnte mich in den Stil nicht ganz hineinfinden; das politische und das poetische Element scheinen mir nicht durchaus zur Harmonie gediehen. Mit dem Wundervogel vermochte ich – ob ich ihn nun allegorisch, symbolisch oder phantastisch zu nehmen suchte – nichts Rechtes anzufangen, und eine letzte Klarheit, auf die man gerade nach der entschiedenen und vornehmen, geistigen Haltung Ihrer Komödie Anspruch zu erheben sich gedrungen fühlte, blieb am Ende doch aus. Im Einzelnen gibt es ja, wie selbstverständlich, manches Amüsante, viel Feines und auch allerlei Herbes (was mir besonders zusagte), die Verse knitteln, insbesondere wo sie sich humoristisch gebärden, sehr gewandt an Ohr und Sinn vorbei. Sicher würde auch manche Szene auf der Bühne ihre Wirkung tun, – trotzdem kann ich begreifen, dass die Theater nach einem Drama, das trotz und vielleicht wegen seines beträchtlichen, nicht so sehr künstlerischen als geistigen Niveaus, einen äusseren Erfolg etwas unsicher erscheinen lässt, in diesen Zeiten nicht eben lüstern sind.
Mich, verehrter Herr Hofrat, hat es jedesfalls sehr gefreut Ihnen endlich wieder, vorläufig auf eine so mittelbare Weise zu begegnen; – nach meiner Rückkehr von einer Reise, die ich übermorgen antrete, hoffe ich Sie auch persönlich wieder bei mir begrüssen zu dürfen.
Ihr herzlich ergebener
 [handschriftlich:] Arthur Schnitzler
[maschinenschriftlich:] Herrn Hofrat Dr. Adam Robert Pollak,
Wien.
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