Gestatten Sie auch mir, Ihnen zu Ihrem sechzigsten Geburtstag einen herzlichen
Gruß und Glückwunsch zu sagen. Solche Tage haben ihren schönen Sinn darin, aus den sonst leider
so verschlossenen Seelen der Menschen hervorzuholen, was sie aus Scheu, aus
Trägheit, aus irgendwelchen Gebundenheiten lieber bei sich behalten als
kundgeben. Wie wenig wird dem Dichter doch zuteil, was er so sehr nötig hat: die
Versicherung, daß seine Gaben empfangen, beherzigt, wirksam geworden sind. Dazu
bedarf es der Gedenktage, die freilich allzu sehr aufhäufen, was, weise
verteilt, das schwere, harte Leben freudenreicher gemacht hätte. Nun, wir wollen
uns dessen darum nicht minder freuen.
|Dem Dichter so vieler bedeutender,
richtunggebender und schöner Werke muß nicht erst gesagt werden, wer er ist. Er
weiß es selbst und – wünschen wirs! – würdigt den eignen Genius auch, der ihn so
und nicht anders gebildet und gestaltet hat. Die Fülle des Gespendeten wird
jetzt übersehen, die Auslese daraus reich genug getroffen werden können. Soviel
ist gewiß: daß die spätere Generation an das Maß Ihrer meisterlichen Schöpfungen
nicht im Entferntesten herangereicht hat, daß überhaupt das strenge Künstlertum
des Aufbaus und der Gestalt von keinem der Nachstrebenden eingehalten worden
ist. Möchte Sie dies Bewußtsein, verehrter Herr Doktor, mit Freude erfüllen und
zu weiterer Dichtung und Arbeit drängen!
Ich wünsche vor allem: Gesundheit und Lebensfreude, die ja doch die Grundlagen
aller unserer Kräfte sind. Wenn dieser freudige |Tag die letztere nur recht befestigte, so wäre er schon darum zu loben; die
erstere wird hoffentlich der Arzt in Ihnen nicht minder künstlerisch als ein
Werk zu erhalten und zu fördern wissen. Zum Dritten endlich wünsche ich, es
möchte Ihnen vergönnt sein, immer Schöneres hervorzubringen – dieser Wunsch wird
Ihnen wohl der liebste sein, dem jedenfalls werden Sie nicht entgegen wirken
mögen. In einem Augenblick wie diesem brauchen wir die Dichter – die nämlich,
die es wirklich sind – mehr als je. Wenn nur sie es nicht überdrüssig sind↓werden↓, den immer tauben Ohren und immer blinden Augen zu geben!
Herzlich
st grüßend verbleibe ich in Verehrung
stets Ihr ergebener
Felix Braun