Hochverehrter Herr Doktor!
Ich bin
seit ge
stern – denn der Urlaub i
st zu Ende – wieder in
Wien und habe heute früh den Dien
st wiederangetreten. Eine
Stellage und der Schreibti
sch voll unerledigter Akten la
ssen mir die näch
sten Wochen
wenig erfreulich er
scheinen; morgen i
st der er
ste Verhandlungstag.
Den Urlaub habe ich, glaub ich, gut ausgenützt. Ich brachte von einem fünfaktigen
Stück die er
sten drei Akte, die
Hälfte des vierten und den fünften bis auf die Schluß
szene mit nachhau
se: die Arbeit
der letzten zehn Tage. Hoffentlich bringe ich
sie heut und morgen gänzlich unter
Dach;
so lange wird wohl die
|»Kraft« noch
anhalten. Aber dies Stück i
st keineswegs das fürchterliche
Kriegsdrama geworden, das ich in
Andorf vorer
st
schreiben wollte: ich war viel zu
weit weg von Kriegsnot und Ärger, Hunger und Bitterkeit. Der heimkehrende
Men
schenfre
sser blieb liegen: vielleicht
steht er im Winter wieder auf. Was ent
stand
i
st:
Yppl, eine Idylle in 5 Akten aus der Zeit
vor dem neuen Mittelalter – eigentlich eine Provinzkomödie, die den Mangel
starker
Handlung durch die Bezeichnung Idylle be
schönigen will. Ich habe mit großer Lu
st und
vielem Behagen die
se vor
sehr vielen Jahren halb-
selb
sterlebten Szenen
niederge
schrieben und bin
sehr begierig, ob
sie auch Ihnen Spaß machen. Ich meine
noch – denn ich bin ja noch nicht fertig –, daß man der Arbeit an
sieht, wie eifrig
ich im letzten Jahr meinen
Molière studiert habe.