|Wien, am
23. November 1917
Hochverehrter Herr Doktor!
Empfangen Sie meinen herzlich
sten Dank für Ihre neue
Komödie, die mich, wie alles, was Ihrem Gei
ste ent
springt,
auf’s Höch
ste gefe
sselt und befriedigt hat!
Nun, da ich
sie kenne, i
st mir das Ge
schrei, das in den Theaterurteilen der
Tagespre
sse er
scholl, vollkommen erklärlich. Die Herren zeichnen
sich vor allem durch
große Wehleidigkeit aus und
schrecken vor nichts
so
sehr zurück als vor dem, was
ihnen die Gefahr der Selb
sterkenntnis droht. Sie wollen nur angreifen, nicht
angegriffen werden, und wenn
sie
schon einen Angriff hinnehmen mü
ssen,
so
soll doch
nicht etwas wie Mitleid mit ihnen
|darin
vernehmbar
sein. Journali
sten und Weiber wollen voll genommen werden, in Liebe und
Haß, in Krieg und Frieden. Sie aber haben
sie nicht voll genommen, und Sie haben ein
weiteres Verbrechen begangen: Sie haben hinter das Dogma ein Fragezeichen ge
setzt,
auf dem der We
sens
stolz des Journali
sten ruht: daß »Ge
sinnung« den Mann mache (
my platform is my castle). Nimmt man hinzu, daß in einigen
Sätzen Ihres
Leuchter
An
spielungen auf die Tot
schweigepolitik des »Trompeters von Jericho« erblickt werden konnten,
so i
st der
Zorn derer von der »Gegenwart« noch
erklärlicher; und die »Elegante Welt«, die Ihnen vieles noch nicht verziehen hat,
geht eben mit. Sie haben
sich alle, alle doch
solidari
sch erklärt:
sie bleiben – im
Grunde, was
sie
sind. –