Hugo von Hofmannsthal an Arthur Schnitzler, 16. 4. [1914]

|Rodaun 16 IV.

mein lieber Arthur

auch mir ist das Notwendige, das Constante in allem Menschlichen mit reifenden Jahren immer stärker vor Augen und in der Seele – und es war nichts anderes als was Sie bezeichnen: »leise Wehmut« – was mich hatte diese Zeilen vom Semmering schreiben lassen.Inzwischen war ich ein wenig in Nieder- und Oberoesterreich, |per Auto, ganz im Flug: AmstettenIschlSalzburg – dann zurück nach WelsEnns, bei Wallsee über die Donau, am nördlichen Ufer weiter, eine Nacht in Dürnstein: dies alles, nächste Landschaft, wird mir immer ergreifender, immer abgrundtiefer – auch mein eigenes Verhältnis dazu, durch Blut und Nicht-Blut, Verbundenheit und Sehnsucht, Nah-sein und Fern-sein. Wenn dies so fortgeht, so muss ja das Alter eine wehrhafte zitternde, leicht fiebernde Jugend sein. – Wir erwarten in diesen Tagen Schroeder; kommt er nicht, was auch leicht möglich, ssind wir in allernächster Zeit bei Euch. Von Herzen Ihr
Hugo.
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