Lieber und verehrter Herr Brandes,
ich habe mich in der Angelegenheit des Frl.
Prozor gleich an die
Neue Freie Presse
gewendet; hier das
Resultat.
Sie reisen überall hin – nur nach
Wien wollen Sie
niemals kommen! Nun, vielleicht führt uns der nächste Sommer wieder nordwärts, und
man sieht einander wieder. Es freut mich immer so sehr in Ihren Briefen zu lesen,
daß
Sie meiner
|in Sympathie gedenken;– was Sie, mein
verehrter und lieber Freund mir bedeuten – mir schon bedeutet haben, lang eh Sie von
meiner Existenz wußten, das fühlen Sie wohl! Nur schade, daß man sich meist an diesem
Wissen u Fühlen muß genügen lassen – und in so vielen vielen Jahren innerer Zusa
mmengehörigkeit keine fünfzig Stunden miteinander
verbracht hat!
– Ich bin nun mit den Proben meiner
|neuen
Tragikomödie »
das weite Land« beschäftigt – am
Sonntag ist die Première zugleich am
Burgtheater,
in
Berlin,
München,
Hamburg,
Frankfurt und noch etlichen andern Städten. Sie werden das
Buch in diesen Tagen
haben↓bekommen↓; hoffentlich werden Sie einige Freude daran haben.
– Der schwarze Rand dieses Blattes besagt, daß meine
Mutter gestorben ist. Es sind nun fünf
Wochen her – nach einer
|Lungenentzündung, von der
sie gar nichts verspürte (sie glaubte im Sanatorium eine Mastkur zu gebrauchen,) ist
sie ruhig eingeschlafen für ewige Zeit. –
Leben Sie wohl, erhalten Sie mir Ihre Freundschaft, und lassen Sie uns ein
Wiedersehen in guter Gesundheit erhoffen.
Herzlichst der
Ihre
ArthurSchnitzler
Meine
Frau grüßt Sie. Auch
sie möchte so gern wieder einmal Georg Brandes sehen!