Ihr ge
schätztes Schreiben habe ich erhalten, und
so angenehm es mir auch war, daß
Sie,
sehr geehrter Herr Doktor,
sich
so
schnell der Mühe unterzogen, mein armes
Märchen zu le
sen, die übrigen
Empfindungen, die mich nach der Lektüre Ihres werten Briefes be
seelten, waren von
Freude weit entfernt. Wenig geneigt, mich mit dem »
Manche freilich müssen unten sterben« zufrieden zu geben,
wähnte ich naiv, im äußer
sten Falle würden Sie,
sehr geehrter Herr Doktor, mich nicht
direkt empfehlen, sondern durch Herrn
v. Hofmannstal. Wenn dies nicht
sein mag, ich nicht durch
übermäßige Inan
spruchnahme belä
stige, auch nicht
|son
stwie unwillentlich mir Ihre Ungnade
zugezogen habe, müßte ich, der Not gehorchend, nicht dem eignen Triebe, ein oder zwei
in ihrer Harmlo
sigkeit entwaffnende hi
stori
sche Novellen wieder aufnehmen, die
vielleicht für die
Neue Freie Presse nicht ganz
ungeeignet
sein dürften. Ich erkühne mich keineswegs, Ihnen,
sehr geehrter Herr
Doktor, neuerdings die angreifende Lektüre irgend einer meiner Mittelmäßigkeiten
zumuten zu wollen, von denen ich übrigens letzthin loyalerwei
se die denkbar klein
ste
Do
sis über
sandte. Bin ich auch leider lange nicht
soweit, eine Befürwortung irgend
einer meiner Arbeiten um ihrer
selb
st willen erbitten zu können, hoffe ich dennoch
derein
st halbwegs Er
sprießliches zu verfa
ssen. Nicht meine Sachen,
|sondern mich möchte ich gerne an eine
re
spektable hie
sige Zeitung empfohlen
sehen. Es i
st gewiß bedauerlich, daß die
Men
schen noch
so vieler Um
stände bedürfen und nicht bereits dabei angelangt
sind,
Schrift
stellern die Keime ihrer Werke aus den Gehirnen zu extrahieren und
Dichtma
schinen zur Ausbrütung zu übergeben. Bis dahin werden eben meinesgleichen
immer an den guten Glauben appellieren mü
ssen und dies tue ich denn auch, nicht ohne
eine
sanfte Betrübnis über mein
säumiges Wachstum. – Herr
Camill Hofmann, dem mich zu empfehlen Sie,
sehr geehrter Herr
Doktor, die Güte hatten, äußerte
sich eben
so liebenswürdig als unverdient anerkennend
über meine Arbeiten, lehnte
sie gleichwohl ab, in einer
|mir unbegreiflichen Rück
sicht auf das
Publikum der »
Zeit«, die er eigentümlicherwei
se
als Familienblatt bezeichnete. Der »
Erdgeist«, an
den Herr
Hofmann meine Skizzen weiterzugeben
die Freundlichkeit hatte, ließ es an mich kalt la
ssenden Lobeserhebungen nicht
fehlen,
scheint aber ähnliche Bedenken zu tragen, Realeres für mich zu tun. – Indem
ich mir bewußt bin, Ihnen,
sehr geehrter Herr Doktor, niemals für all das, was Sie an
mir getan, danken zu können, möchte ich er
suchen, es nicht übel nehmen zu wollen, daß
ich,
so
schwer es mir auch fiel, noch einmal u. gewiß nicht ohne zwingende Gründe,
mit der Bitte um eine Empfehlung an Sie heranzutreten genötigt bin. Hochachtungsvoll
ergeben
st Ihr Sie,
sehr geehrter Herr Doktor, verehrender