wegen des Schreibers danke ich sehr aber ich möchte lieber ein Frauenzimmer von
weiblichem Geschlecht. Um mir das nachzutragen, dürften Sie nicht der berüchtigte
Erotiker sein!
Was den »
Morgen« betrifft, so hänge ich mit diesem schönen Unternehmen
ausschliesslich nur mehr durch einen Process zusammen, werde aber gern das nächste
Mal bei Ihnen die
Gedichte von
Winterstein anschauen, vielleicht kann man
sie an
Blei für seine
Zeitschrift schicken oder sonst wo hin.
Drittens bitte ich Sie recht herzlich den eingelegten Brief mir zuliebe durchzusehen
und wenn Sie keinen Grund dagegen haben demgemäss dieses Fräulein
Braun vom
Volkstheater, das
sich auch schon direct an Sie gewandt hat, bei sich zu empfangen. Denn ich sage mir
dass es einem so anständigen Menschen wie Dr.
Camillo Müller, der mich ausserdem nur sehr oberflächlich kennt, gewiss
schwer gefallen ist so ausführlich deswegen an mich zu schreiben und vielleicht hängt
für die arme Person wirklich unberechenbar viel daran, dass man ihr hilft. Und es
ist
ja sehr möglich, dass sich Herr
Weisse hier
wieder einmal wie ein Schwein gegen jemanden benimmt etc.
Ich wurschtle mich weiter gegen das Ende meines vierten
Aktes und bin
von Herzen Ihr
Hugo.
Gruss von der Schreiberin.
|[handschriftlich Camillo Müller:] Wien,
29. Okt. 1908.
Sehr geehrter Herr!
Nehmen Sie es mir, bitte, nicht übel, wenn ich Sie mit einem Anliegen belästige, das
Ihnen etwas sonderbar erscheinen mag.
Sie
sind,
soviel ich weiß, mit Hr. D
r Schnitzler befreundet, den ich leider per
sönlich nicht
kenne. Wenig
stens habe ich Sie
seinerzeit in Ge
sell
schaft des Hr.
Schnitzler in
St. Gilgen ge
sehen.
Nun
soll demnäch
st im
Deutschen Volkstheater Schnitzler’s »
Liebelei« zur Aufführung ge
|langen,
sobald nur er
st die Be
setzung der Rolle der »
Mizi Schlager« fe
stge
setzt. Und hier i
st der Punkt, wo ich Ihre gütige Intervention in
An
spruch nehmen will.
Für die
se Rolle war nämlich ur
sprünglich ein Frl.
Thekla Braun in Aus
sicht geno
mmen, die er
st
seit Beginn die
ser
Saison dem
Volkstheater angehört. Frl.
Braun war früher beim
Opernballet, dann zwei
Jahre in
Graz als Schau
spielerin – und hier eben
sah
sie Dir.
Weisse in der Rolle der »
Schlager Mizi« u. engagierte
sie vom Fleck weg fürs
Deutsche
Volkstheater. Er ver
sicherte
sie, da
ss er die »
Liebelei« fürs
Volkstheater |mit Hilfe des Autors – das Stück
gehörte dem
Burgtheater – freimachen werde, denn
er könne das Stück speziell in der Rolle der »
Schlager« be
sser be
setzen als Dir.
Schlenther u. dgl. m. Da Frl.
Braun, die ich
seit 10 Jahren kenne –
sie war damals ein 15jähriger Backfi
sch u. kam
in die Tanz
stunden zu
Hassreiter, die ich alter Esel be
suchte – auf meinen Rat das Engagement am
Volkstheater angeno
mmen hat,
obwohl
sie verlockendere Anträge anderer
Wr Bühnen be
saß,
so bin ein bischen engagiert in die
ser Sache u. möchte
ihr↓sie↓ nun in ihrer Leidenbahn
|– das war nämlich bis nun ihr
Engagement – nicht ganz im
Stiche la
ssen. Frl.
Braun, die für er
ste Rollen mit einer
Anfangsgage von
5000 K engagiert worden war, kam vorläufig zu keiner einzigen. Meist
stand ihr Frau
Glöckner im Wege. Nun würde
sie i
mmer wieder auf die »
Liebelei« vertrö
stet, die ja noch in die
sem Jahre er
scheinen, und in der
sie »
sich machen
werde.« Siehe da – die »
Liebelei« kam, aber Frl.
Braun soll die
Rolle nicht spielen.
Wer sie
spielen wird,
steht allerdings noch nicht fe
st, u. es
scheint die
Be
setzung einige Schwierigkeiten
|zu machen,
sofern man der nageliegend
sten, der mit Frl.
Braun gefli
ssentlich aus dem Wege geht. Frl.
Braun hat daher an Hr. D
r Schnitzler die
schriftliche Bitte gerichtet, ihr zu
ge
statten, da
ss
sie ihm die Rolle der der »
Mizi Schlager« vor
spreche, damit
sich der Autor
selb
st, der gewi
ss das eminente
ste Intere
sse
an einer richtigen Be
setzung hat, ein ent
sprechendes Urteil über die Fähigkeiten des
Fräuleins bilden kann.
Ich möchte nun meiner
seits an Sie, verehrter Herr, die ergeben
ste Bitte richten, das
|An
suchen des Frl.
Braun bei Herrn D
r Schnitzler auf meine Empfehlung hin zu befürworten. Die
Direktion hat ja dann noch immer freie Hand, und es i
st wenig
stens alles ge
schehen,
um einem allfälligen Mi
ssgriff vorzubeugen u. auch ein
starkes,
streb
ssames Talent
vor unverdienter Kränkung zu
schützen.
Falls Sie dem Fräulein
Braun ge
statten wollten, Sie zu be
suchen,
so bitte ich um zeitige Bekanntgabe von Tag
und Stunde, die Ihnen
|genehm
wären. Jedesfalls wiederhole ich aber meine Bitte um Befürwortung jenes Er
suchens,
des Frl.
Braun an D
r Schnitzler
richtete. –
Und zum Schlusse bitte ich nochmals, mir diese langweilige, Sie wohl empflindlich störende Epistel zu verzeihen – ich komm gewiss kein zweitesmal!
In aufrichtiger Verehrung
Ihr
Camillo Müller.
Bitte der gnädigen
Frau meine Handkü
sse zu übermitteln!
W. O.