|Euer Hochwohlgeboren
Hochverehrter Herr Doctor
Die Woche fängt für mich gut an. Schon am
Montag morgen muß ich ein Vergehen beichten. Die
ser Brief hätte Euer
Hochwohlgeboren
schon
Samstag zugehen
sollen. Aber
so
sind wir Men
schen. Im Unglück zerknir
scht und
demütig, wird doch
|kaum daß es be
sser geht, der alte
Schlendrian einge
schlagen und die kleine, kleinliche Tagesarbeit er
scheint wichtiger,
als Treue und Dankbarkeit zu bezeugen. Das i
st nur eine Selb
stanklage. Die Familie
Ehrenstein trifft kein
Ver
schulden.
Albert befindet
sich am Wege der Be
sserung und i
st mit Zu
stimmung des
Prima|rius Dr Kornfeld, der vorge
stern dort war und heute wieder kommt in häuslicher Pflege bela
ssen
worden. Der krankhafte Erregungszu
stand i
st im Abflauen. Seine Handlungswei
se vom
vorigen
Sonntag erkennt
Albert schon als abnormal. Sein Gang i
st
schon
natürlicher, drückt bei weitem nicht mehr die gehobene Stimmung eines Siegers aus.
Unnützes
|Lachen kommt nicht vor, doch hat er noch
namentlich abends Ang
stgefühle und findet auch noch – wenn auch
seltener –
Beziehungen litterari
scher Größen zu
sich und seinem Verhalten.
Dr Kornfeld ordnete unter anderem auch gelinde gei
stige Be
schäftigung an und
Albert hat ge
stern im
Herder gele
sen u darüber eine
Kritik zu liefern gehabt. Daß
Gott erbarme wie
Herder wegkam. Er
selb
st be
|zeichnete die Arbeit ironi
sierend als »Schularbeit«
und kla
ssifizierte
sie mit »nicht genügend«.
Mit vielem und herzlichen Dank für Ihre Teilnahme an das Ge
schick des
Kranken bitte ich um
Ent
schuldigung, wenn ich
so frei
sein werde die
ser Tage weiter zu berichten
In vollkommener Hochachtung
ergebst
Ad. Treibl