Dass Sie
Lindemann Ihre Stücke verweigerten,
wundert mich, denn dazu liegt meiner Empfindung nach keine Ursache vor.
Fischer schrieb mir vor Monaten, er wolle seinen Autoren das
Ansinnen stellen, aus Ursache des bewussten Streitfalles zwischen ihm und
L., resp. zwischen mir und
L. in Betreff des »
Einsamen
Wegs«,
↓dem L.schen
Unternehmen↓ ihre dramatischen Arbeiten bis auf Weiteres zu verweigern. Ich
sprach mich mit Entschiedenheit dagegen aus, da mir jede Art von Solidarität ziemlich
zuwider ist und ich besonders in dem vorliegenden Fall es auch von jedem andern Autor
unrichtig gefunden hätte, aus einer rein
↓privat-↓prozessualen Sache eine
↓öffentliche↓ Affäre zu
machen und damit vielleicht
noch andere Leute, die
die ganze Geschichte nicht interessiert, materiell zu schädigen. Damit erledigt sich
Ihre Frage von selbst, und ich bit
|te Sie nur, ohne jede
Rücksicht auf mich, auch bei
Lindemann Ihre
Stücke ganz nach Gutdünken zu placieren.
Aber sonst steht die Sache nicht so einfach, und
Lindemann ist gewiss nicht so frei von Schuld, als es im Brief des Fräulein
Dumont an Sie in allerbestem Glauben
dargestellt wird.
Insbesondere handelt es sich ja darum, dass
L.
nach der matten Aufnahme des
Stücks durch das
Berliner Publikum weder
von einer vorher, noch von einer nachher zu zahlenden Garantiesumme etwas wissen
wollte, trotzdem vor der Aufführung – ich glaube, am Tage der Aufführung – ein
Telegramm
↓von ihm↓ eingelaufen war, das sich mit den letzten
Bedingungen
Fischers einverstanden erklärte, –
womit nicht nur nach allgemeinem Usus, sondern auch nach dem Urteil juridischer
Sachverständiger, ein rechtsgiltiger Vertrag zustande gekommen war;
↓–↓ und dass sich
Fischer
durchaus nicht hütet, die Angelegenheit auf dem Klageweg zu erledi
|gen, /wie Frl.
Dumont in ihrem Brief sagt/ ersehen Sie am besten aus den zwei Briefen, die
ich Ihnen hier beilege und um deren Rücksendung ich Sie bitte, und aus denen sie
erstens ersehen, dass Justizrat
Jonas die
Forderung der sofortigen Zahlung der 5000 M. für begründet hält, und zweitens dass
Fischer nur meine Einwilligung abwartet, um
den Prozess gegen
Lindemann einzuleiten. Diese
Einwilligung werde ich ihm natürlich nicht versagen.
Worin ich
Fischer Unrecht gebe, ist eigentlich
nur, dass er nicht gleich zu Beginn der Verhandlungen – lange vor Aufführung des
Stücks in
Berlin – den
Lindemann’schen
Antrag in seinem ganzen Umfang /5000 M. Garantie und Aufführung des
Stücks in allen von
L. angegebenen Städten/ angenommen hat, obwol ich ihm
telegraphisch meine entschiedene Zustimmung kundgab, sondern dass er sich dann erst
in Verhandlungen über einzelne Städte einliess, die von der Tournée ausgeschlossen
sein sollte
↓n↓. Aber
↓»↓unvornehm
↓«↓ kann ich das auch nicht finden.
|Was aber nun eine
vorherige Zahlung der Garantiesumme anlangt, so würde ich zu dieser
Forderung in einem ähnlichen Fall meinen Vertreter neuerdings autorisieren; denn
gerade die in dem Brief des Frl.
Dumont
angeführten Daten beweisen, wie gering die finanzielle Sicherheit ist, die in einem
Unternehmen in der Art des
Lindemann’schen,
selbst bei den besten Absichten und den reinsten künstlerischen Intentionen, den
Autoren geboten werden kann.
Uebrigens hätte ja
Lindemann sich mindestens zu
einer teilweisen vorherigen Zahlung verstehen können; aber, ganz im Gegenteil, – und
dies ist wol das Wichtigste bei der Betrachtung des ganzen Streitfalls –, nach der
Berliner Première wollte er, trotz des vor der
Première eingelangten vertragsgleichen Telegramms, weder von einer vorher, noch von
einer nachher zu zahlenden Garantie, noch überhaupt von einer Aufführung des
Stückes im Verlauf seiner Tournée
etwas wissen.
|Bitte, lieber Hugo, grüssen Sie Frl.
Dumont herzlich und teilen Sie ihr doch in Ihrer Antwort auch
mit, was ich Ihnen gleich im Beginn dieses Briefs
erzählt↓gesagt↓ habe: dass es durchaus meinen Intentionen widersprach und widerspricht, wenn
Fischer aus Anlass des bekannten Streitfalls
dem neuen Unternehmen auch Stücke seiner anderen Autoren verweigert, dass mir im
übrigen aber das Vorgehen
Fischers in meiner
Sache einwandfrei erscheint.
[handschriftlich:] Herzliche Grüße und auf baldigs Wieder
sehen
[.] Mit meinem »
burlesken Abend« bei
Rhardt i
st’s nichts. Er will die
Familienscene allein, die ich aber lieber für be
ssere
Gelegenheit zurückbehalte. Über
Kakadu–
Abenteurer i
st noch kein Telegramm eingelangt.