|Herrn Dr Richard Beer-Hofmann
Mein lieber Richard,
die Riesenkarte hab ich bekommen und danke für den
lieben Frozelgruss. – Hier ist es traurig – immer trauriger – Frühling und einsam – und
ich weiss nicht was ich mit mir beginnen soll –
Jetzt eben, Feiertag, Nachmittg, sehr schön
– und der Abend vor mir – und nebstbei das »ganze« Leben – vollkommen |überflüssig. –
Neulich war ich mit
Hugo Kampthal und
Wachau, die Abende auf dem Land
sind
schauerlich – was da alles in der Luft
schwebt – da ver
stummen die Worte und ver
siegen die Thränen. Ich habe Ang
st vor dem
Sommer, be
sonders vor den Abenden, vor den Abenden am See –
– Zuckungen, als wenn ich |arbeiten wollte hab ich schon zuweilen, aber weiter noch nichts. Vorläufig steht es
noch immer so, dass nur der eine Gedanke mildert –
nun, Sie wissen ja.
Nebstbei, ganz nebstbei bringt mich auch das Ohrensausen langsam um – es ist wahrhaft
gräßlich, nicht eine Sekunde Ruhe zu haben und jeden Tag ein wenig nur |ein ganz klein wenig schlechter zu hören. –
Sie wi
ssen
schon, d
ss der Direktor
Schlesinger
ge
stern ge
storben ist. Morgen vor 14
Tagen waren
Hugo und ich mit
ihm auf der
Rohrerhütte zu
sammen; er war hei
ser und
son
st »ganz
ge
sund«. –
Ge
stern war
↓auch↓ das »
Vermächtnis«. Kein gutes Klima, un
sre
Stücke. – Zweimal war ich
|in
Kaltenleutgeben, bei
Brahm. Er i
st
ein nahezu wohlthuender Men
sch. –
Sam
stag beim »
Richter von Zalamea«.
Baumeister unbe
schreiblich. Und das Stück!
Hugo findet, da
ss Sie noch am ehe
sten
so eins
schreiben könnten (er meint, unter »uns«, al
so: Sie, er, ich,
Leo Hirschfeld,
Oskar
Friedmann,
Karlweis) – ich hoffe
|Sie la
ssen ihn nicht in dem Glauben, –
sondern
schreiben wirklich ein Stück.
Hören Sie: Ein jüdischer Selcher will ↓im↓ Sommer einmal auf ein
paar Augenblicke sein Local verlassen – die Thür ist offen, wie er hinaustritt –
liegt ein großer Hund da. Der Selcher denkt: Mach ich jetzt die Thür zu, so merkt
doch jenner (der Hund) dass |ich fort bin und springt sich durch die Glasscheiben in mein Geschäft und frisst sich meine Würstel – ich
lasse doch lieber die Thür offen, werd er glauben, ich bin gar nicht eweg
gegangen. –
– Er geht, kommt nach einer Weile zurück, der Hund ist im
Geschäft und hat sich richtig alle Würstel aufgefressen. Der Selcher schüttelt |den Kopf und sagt: »A so ä Dreh von dem Hund!«
– Schöneres kann ich Ihnen heut nicht mehr sagen↓erzählen↓! –
– Grüß Sie Gott. Schreiben Sie mir bald.
Ihr Arthur