Friedrich M. Fels an Arthur Schnitzler, [17. 5. 1894]

|Lieber Dr. Schnitzler!

I. Verzeihen Sie mir den unfrankierten Brief; aber wenn ich mich auf den Kopf stelle, kommen keine 3 Kr zum Vorschein. Ich müsste also höchstens Ihr »Mährchen« zum Antiquar tragen – und da zahlen Sie jedenfalls lieber Strafporto. Verzeihen Sie ferner das kaum recht dicke Papier; aber . . . Grund wie vorhin.
II. Da Sie die Liebenswürdigkeit hatten, Beer-Hofmann zu schreiben, haben Sie vielleicht die grössere Liebenswürdigkeit, ihm noch einmal zu schreiben. Ganz abgesehen davon, dass ich, im Vertrauen auf ihn, so leichtgläubig war, vorgestern ordentlich zu essen und den ganzen von Ihnen erhaltenen Gulden aufzubrauchen, dass ich also seit vorgestern gar nichts zum Leben habe, wäre es mir wirklich unangenehm und ein Verlust, wenn ich nicht baldmöglichst in die Kunstausstellung und am Samstag zum Augartenfest gehen könnte. Also bitte, schreiben Sie Beer-Hofmann nochmals und entschuldigen Sie mir die Mühe, die ich Ihnen verursache. Ich wollte Sie heute früh aufsuchen; doch Ihre Betten hingen bereits |unter dem Fenster, dass Sie kaum zu Hause waren; auch wollte die elektrische Klingel durchaus nicht »thun«.
III. Um die Annehmlichkeiten meines Lebens voll zu machen, scheint meine Hauswirthin im Sterben zu liegen. Offen gestanden, ich fühle kein Mitleid mit dem armen, jungen Weib, viel eher ein bischen Neid auf sie.
Bestens grüsst
Ihr
dankbarergebener
Fels
N. B. Ich merke jetzt, dass der letzte Satz sehr nach Pose ausschaut; aber, nach gründlicher Gewissenserforschung, muss ich sagen, dass ich, als ich ihn niederschrieb; durchaus nicht an Pose gedacht habe. Bitte, von dieser Rechtfertigung Notiz zu nehmen.
F
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