Arthur Schnitzler an Hugo von Hofmannsthal, 11. 8. 1893

|Lieber Hugo,

Ihr Feuilleton über Annunzio hab ich mit großer Freude gelesen; es ist eins Ihrer schönsten, mit weiten Ausblicken. – Ist von dem Mann was ins Deutsche übersetzt? –
– Denken Sie, mir ist man endlich draufgekommen, dass ichauf die sexuellen Instincte der Menge speculire und |meine »cynischen«, »plumpen« Sachen mit verletzender Absichtlichkeit schreibe – (offenbar um mittelst meiner Trivialität viel Geld zu machen.) – Der Ruhm dieser Entdeckung gebührt der Wiener Abendpost, welche im übrigen zugleich Geschmack genug hat, die Leichtbeschwingtheit Ihrer Verse zu loben. (Referent Bruno Walden.) –
Meine Absicht geht vorläufig dahin |Ende nächster Woche ins Pusterthal zu reisen, und vielleicht von dort per Bic. nach Wien zurück. (Salten ist bereits unten.) – Paul Goldmann will im September nach Salzburg kommen; vielleicht läßt sich eine Zusammenkunft Ende August arrangiren?
Wie sind Ihre Pläne? Schreiben Sie doch was darüber. Arbeiten Sie was? Meine kleine Novelle ist bis auf wenige Zeilen fertig. |Das hab ich Ihnen schon geschrieben. – Jetzt schreib ich ab und zu ein paar Verse an dem »allegorischen« Gedicht; bedauere aber sehr, nicht die ausreichende Befähigung dazu zu haben. –
Den Mut zu was größerem, das wird Sie nach alledem nicht wundern, hab ich noch nicht erlangt. – Unter vier Augen: das Volkstheater beginnt mit mir (wegen »Märchen«) zu unterhandeln; ich sage Ihnen – Zustände!! – Weiteres darüber mündlich.
|– Wie gehts dem aegyptischen unanständigen Stück? – Wenn es nur aegyptisch wäre, läge es der Allgemeinheit zu fern! – Der Tod Kafka’s ist Ihnen wohl bekannt worden? –
– Hören Sie was von Fels? – Schreibt Ihnen Richard? –
Sind Sie vergnügt? –
Herzlich der Ihre
 Arthur
Wien, 11. 8. 93
Sie müssen Bicycle fahren lernen!
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