Friedrich M. Fels an Arthur Schnitzler, 1[7]. 2. 1893

Lieber Doktor!

Zu meinem gesterigen Brief trage ich noch einiges nach, was ich dort vergessen habe.
Ihre Medizin, die Schreiber für sehr gut erklärt, nehme ich weiter; später soll dann ein Eisenpräparat folgen.
Hier im Hotel habe ich einen Bekannten aus Wien getroffen, den Sie auch kennen, den Schwager von Moriz Rosenthal, Dr. med. Schrager. Er kam hierher, sich von einer Lungenentzündung zu erholen, ist schon zwei Monate hier und bleibt bis Ende Februar. Ausserdem verkehre ich mit dem Erzieher des Erbprinzen von Fürstenberg, einem Philologen, der kürzlich sein Examen gemacht hat und mich durch Gestalt, Benehmen usw sehr an meine Münchener Studierzeit erinnert. Übrigens ist er ein wütender Naturalist.
Am Tag, da ich hier ankam, als wir mit dem Bummelzug von Bozen herüber fuhren, hatte es 28° in der Sonne; gestern ebenso. Sonst circa 24°. |Trotzdem kann ich es absolut zu keinem Gefühl der Wärme bringen. Ich trage wollene Unterkleider, warme Oberkleider, Mantel, Plaid – und mir ist, wenn ich mir die Sonne direkt in den Magen scheinen lasse, als hätte es 14°.
Sie wissen, dass ich angeschwollene Füsse habe, die auch schmerzen. Ich dachte immer, es sei vom vielen Gehen; aber Schreiber sagt: Anämie! alles Anämie!
Herzl.
 Fels
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