Arthur Schnitzler an Hugo von Hofmannsthal, 14. 7. 1892

|Lieber Hugo,

von Salten erfahre ich, dass Ihr Vater krank war, aber bereits wiederhergestellt ist. Hoffentlich erholen Sie sich zugleich von Ihrer Verstimmung und Abspannung und verbringen den kommenden Sommer und Herbst in so reicher Fülle des Innern und Äußern, wie ichs Ihnen von Herzen wünsche. –
Gestern starb mein Großvater; |in wenigen Tagen reisen meine Eltern ab, und ich übernehme die Praxis meines Papa.
Seit einiger Zeit bring ich es zuwege, auch nachts literarisch zu arbeiten, und ich hoffe, meine angefangenen Sachen werden trotz anderweitiger Thätigkeit wohl fortschreiten können.
– Hebbels Briefe lese ich jetzt, Lessing’s Leben von seinem Bruder geschildert, Annalen von Goethe. |Hebbel war wohl nach Goethe der größte Geist, den die Deutschen in dem Jahrhundert gehabt haben; manchmal kommt mir vor, dass man ihn vor Nietzsche wird nennen müssen. Ich bin jetzt bei der Periode seines Lebens, wo er auf der Verlegersuche ist und auf Gutzkow, Laube, Mundt, Körner, zuweilen wohl auch auf Schiller schimpft. Er hat aber auch noch manches andre zu sagen. – Wissen Sie, dass er eine |Jungfrau von Orleans schreiben wollte? –
Von Richard hör ich nichts. Sie? –
Von Ihnen hoffe ich bald schönes und gutes zu erfahren; empfehlen Sie mich bitte den Ihren aufs wärmste.
Ihr Arthur
14. 7. 92.
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