Mir fehlt hier irgend etwas; was, weiß ich
selb
st nicht. Vielleicht Sonne. Vielleicht
Lärm. Dann wird wohl
Salzburg helfen. Ich habe
einen dicken Paletot an, auf dem Papier
tanzen grelle kalte Lichter, der Brunnen plät
schert und es riecht nach reinlichen
kleinen Kindern. Wenn das eine Stimmung i
st,
so i
sts zuminde
sten nicht die, die ich
brauchen kann.
En attendant les’ ich
Nietzsche und freue mich wie in
seiner kalten Klarheit, der »hellen Luft der Cordilleren«, meine eigenen Gedanken
schön cry
stalli
sieren. Ich denke
sehr
viel, wie immer wenn mir nichts einfällt, und
schlecke künftige Geburtstagstorten ab:
das heißt, ich genieße in zahllo
sen Plänen das Be
ste von künftigen Arbeiten: das
Grauen vor der tragi
schen Situation und die Freude am Combinieren. Wozu verdirbt man
sich das eigentlich alles, indem man die
schlechte
ste Momentphotographie davon
fe
sthält und aufhebt? Dumme Frage
|übrigens, Kun
st kommt von Können und Können heißt
schreibenkönnen. (
Mod. Rundschau 5 u. 6 Heft, Seite 17. . . ff.)
So dumme Fragen frage ich nur wenn ich Gedanken denke statt mein Leben zu leben. Ich
möchte mich also verlieben, oder täglich lawn-tennis spielen, oder meinetwegen Macao, oder sonst eine Beschäftigung erleben.
Son
st werd ich noch ein »ganzer Politiker«, wie der
Sauhirt von
seinem alten Vor
stehhund neulich
sagte, der aus
Alters
schwäche dumm geworden i
st. Der
Sauhirt i
st keine
Fiction,
sondern mein lieb
ster Umgang,
seine
Tochter aber, das liebliche Saumen
sch, heißt
Berenike (abgek.
Vroni) und war zu ihrer Blütezeit Kellnerin. Außerdem la
sse ich mir von einer alten
Engländerin auf na
sskalten
Spaziergängen viel erzählen: von der
Mozambiquebai, wo die Leute mei
stens Würmer unter der Haut haben (
sie war dort als
junge Frau) oder von dem hä
sslichen
boycott in
Irland und den
schönen rothhaarigen
Cocotten von
Dublin (von denen
spricht
sie
so giftig gut, wie
aus einem
ressentiment heraus,
sie mu
ss dort etwas
unangenehmes erlebt haben) oder von
Henry Irving oder von
Sir Laurence Oliphant, dem großen Medium.
|Ihre Tochter wäre mir natürlich lieber, aber die i
st
in
Ceylon. Ich le
se
Homer,
Maupassant, das
Linzer Volksblatt,
Eichendorff und
cette touchante histoire de petite Secousse, die manchmal
so
schön i
st,
qu’elle donne presque envie de pleurer, trotz
Boulange, Mysti-,
Ch×××- , Stoi- und Katholi-cismus. Ich habe gar keine eigenen
Empfindungen, citiere fortwährend in Gedanken mich
selb
st oder andere, habe auch die
dumme letzte Scene von »
Gestern« noch immer
nicht fertig gebracht, dafür aber von
Goldmann, der immer auf der Ei
senbahn zu
sein
scheint eine,
soweit man
sie
le
sen kann,
sehr herzliche Karte bekommen. Jetzt mu
ss ich packen (ganz origineller
Abgang!)
schreiben Sie mir, mein verehrter Freund, bitte, bald und geben Sie Ihr
Project mich irgendwo zu be
suchen, nicht auf.
Herzlichst
Loris