Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 2. 7. 1899

und
Handelsblatt.
Telegramm-Adresse:

Mein lieber Freund,

Nun bist Du wohl wieder aus Slavonien zurück und hast Dich hoffentlich recht erholt. Ich habe die Antwort auf Deinen letzten lieben Brief von Tag zu Tage hinausgeschoben, in der Hoffnung, Dir Genaueres über meine Reisepläne mittheilen zu können; aber es will sich nicht klären. Jetzt ist wieder einmal bestimmt, daß ich nach Rennes gehen soll. Der Dreyfus-Prozeß dürfte Mitte oder Ende Juli stattfinden. Dann habe ich noch einige Zeit in Paris zu thun. Voraussichtlich werde ich so gegen Mitte August fertig sein, aber sicher ist das auch nicht. |Kann ich im August meinen Urlaub antreten, so will ich nach der Schweiz gehen. Das ist von hier aus das Nächste und Billigste. Auch brauche ich starke Höhenluft und denke darum an so etwas wie das Engadin. Nach Österreich kann ich diesmal nicht kommen, aus mancherlei Gründen nicht. Wenn ich also nach der Schweiz gehe, so wirst Du Dich, wie ich zuversichtlich hoffe, mit mir vereinigen. Auch Dir wird es gut thun, einmal aus Österreich herauszukommen. Da ich aber noch gar nichts Bestimmtes sagen kann, so bleibt mir nichts übrig, als Dich zu bitten, mich stets auf dem Laufenden über Deine Adresse zu erhalten. Du kannst mir immer nach Frankfurt an die Zeitung schreiben; alle Briefe werden mir nachgeschickt. |Hoffentlich höre ich also bald wieder von Dir.
Sonst war Dein letzter Brief wieder einmal recht traurig. Ich wünsche mit Ungeduld den Augenblick herbei, wo ich Dich endlich wieder einmal sehen und sprechen kann. Das Reisen verfehlt hoffentlich auf Dich nicht seine bewährte Wirkung. Aber nur nicht allein reisen! Jemanden mußt Du mitnehmen, und wenn es der größte Schafskopf wäre. In ein paar Wochen hoffentlich komme ich dann zu Dir, obwohl ich diesmal gerade keine heitere Gesellschaft für Dich sein werde.
Bitte, schreib’ mir bald!
Viele treue Grüße!
Dein
Paul Goldmann.
  1. 1 Für die Redaktion bestimmte Briefe und Sendungen wolle man nicht an die Person eines Redakteurs, sondern stets an die Redaktion der Frankfurter Zeitung adressiren.
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