Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 3. 11. [1898]

Yokohama, 3. November.

Mein lieber Freund,

Ich habe drei Tage in Kyoto, der alten japanischen Hauptstadt, verlebt, die zu den schönsten meines Lebens gehören. Das einzige Mal, daß ich den Eindruck hatte, ganz aus der Wirklichkeit heraus zu sein! Ich bin gerade so kurze Zeit dagewesen, daß der Zauber nicht verfliegen konnte. Und ich spreche vom Lande allein, nicht von den Musmes und leichter Liebe, – nein, allein von dem Zauber dieser herrlichen Berge mit ihren Nadelwäldern und herbstrothen Ahorn-Bäumen, von dem |Zauber dieser seltsamen, seltsamen Stadt mit ihren wundervollen Tempeln und den stillen Straßen, in denen das sanfte Flötenspiel der Priester klingt, welche Almosen einsammeln. Keine Feder vermag das zu beschreiben. Jetzt fällt der Regen, und ich sitze in dem reizlosen kosmopolitischen Yokohama und sehne mich nach Kyoto, wie ich mich mein ganzes Leben danach sehnen werde.
Von Dir habe ich lange nichts gehört. Wie mag es Dir nur gehen?
Viele treue Grüße!
Dein
 Paul Goldmann
Grüße an Deine Freundin!
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