Sehr verehrter Herr Doktor!
Als ich heute vom Verlag
Fischer Ihre neue
Komödie erhielt und in dem
Buch den Vermerk: »Im Auftrag
des Verfa
ssers« fand, war ich
sehr
stolz und erfreut:
seien Sie herzlich bedankt für
die
se Auszeichnung!
Ich habe auch das
Werk sofort
zu le
sen begonnen und jetzt – es ist
spät nachts – den ergreifenden, tiefen dritten
Akt beendigt.
Es i
st ein großes, reines Dichtwerk, eine Art dramati
scher Roman, wenn ich mich
so
ausdrücken darf. Die Ge
stalt
Falkenirs ging mir am näch
sten. In
Aurelie i
st das Weibliche als das Allmögliche des Erlebens
endgültig ge
staltet;
Falkenirs
Schuld geht daran hervor. Man lebt
sich
sehr in die
se Welt ein und möchte
sich eine
Fort
setzung wün
|schen. Den er
sten und den dritten Akt
halte ich für die
schön
sten des Stückes; der zweite
steht für mein Gefühl etwas
zurück. Der dritte i
st my
sti
sch, wäch
st gegen den Schluß immer höher ins
Bedeutungsvolle und gewinnt immer noch an Poe
sie. Über Einzelheiten voll tiefen
Einblicks möchte ich in die
sem kurzen Brief gar nicht er
st
sprechen. Die
schöne
Stelle über die Liebe als Kampf nur darf ich hervorheben. Das
Buch hat mir viel gegeben: ich danke Ihnen
von Herzen dafür!
Darf ich Sie nun bitten, verehrter Herr Doktor, als eine – freilich im Ab
stand zu
betrachtende – Gegengabe meine beiden letzter
schienenen
Bücher von mir anzunehmen? Es
würde mich
sehr freuen, wenn Ihnen das eine oder das andere ein weniges zu
sagen
hätte.
In dieser Zuversicht bin ich, verehrter Herr Doktor, Ihr ergebener
Felix Braun.