Ich danke Ihnen herzlich für Ihren Brief und be
stätige die Rück
sendung des
Manuskripts.
Das Urteil, das Sie über meine
Gaunerkomödie gefällt haben, hat mich einigermaßen betrübt, weil ich
an die
ser Arbeit, weshalb weiß ich eigentlich
selb
st nicht mehr, immer mit einer
gewi
ssen Affenliebe hing. Beruhte
sie im Grunde vielleicht auf Schadenfreude
darüber, daß jene Kumpane, die mir manche
saure Arbeits
stunde und viel bitteren
Ärger geko
stet haben,
sich meiner Laune fügen mußten? oder bloß aus Lu
st daran,
daß ich die Erinnerung an alle die
se Quälgei
ster durch ihre Verarbeitung
losgeworden bin?
Sie sehen, daß es gewiß keine künstlerischen Gründe sind, die ich zur Erklärung
meiner Vorliebe heranziehe; und so muß ich auch, wenn |ich mich – gewiß etwas verspätet – zu objektiver
Selbstkritik aufraffe, ganz einfach offen zugeben, daß ich gegen Ihren
Urteilsspruch keine rechten Berufungsgründe aufzutreiben weiß. Daß ich mir mit
dieser Komödie nicht die Tiefe Berührendes, sondern wohl nur Ärger von der Seele
geschrieben habe, habe ich bereits angedeutet, und zum Schreiben selbst zwang
mich nicht, wie bei andern Arbeiten, die ich ernst nahm, die Macht einer Idee,
die Ausdruck finden will und muß, sondern lockte mich die Durchführung einer
Pointe. Der Pointe gesellte sich allerdings eine kleine Idee, aber beide waren
sich fremd, und so kam es zwischen ihnen zu einer mißhelligen Ehe.
Und jetzt er
st, da mir Ihre Kritik die
Komödie so gezeigt hat, wie
sie
sich, ohne meine
Vorliebe für sie ge
sehen, darstellt
e, weiß ich
wieder etwas, was mich die – wie ge
sagt,
schwer zu begründende – Freude über die
vollendete Arbeit verge
ssen ließ: Daß die Hauptveranla
ssung zur Nieder
schrift
der Komödie eigentlich die
sehr lebhafte Sehn
sucht war, endlich einmal etwas zu
schreiben, was theatermöglich wäre und das große Publikum anzöge. Ich hielt mich
einmal an den zweiten Teil meines Wahl
spruchs (der zu den wenigen meiner gedruckten
opera gehört):
Aber ich gestehe ein, daß mir jetzt, da mir etwas ursprünglich »Hingeschmissenes«
selbst den guten richtigen Geschmack verderben und meine – nicht immer
versagende – Fähigkeit der Selbstkritik geschmälert hat, die Gefährlichkeit
dieser zweiten Wahlspruchhälfte sehr klar geworden ist. –
Möge diese reumütige Beichte Ihnen genügen, hochverehrter Herr Doktor! –
Ich habe mich nun wieder in meine »
Rechtsphilosophie« einge
sponnen, deren er
ster Teil – es wird ein Buch
von über 200 Seiten werden – endlich der Fertig
stellung entgegengeht. Bin ich
er
st die
se La
st halbwegs los, dann will ich mich an die Ausführung eines
Komödienplanes machen, und ich hoffe, daß ich damit
seinerzeit die von der »
Gesellschaft« ge
schlagene Scharte auswetzen
kann.
Mit den ergebensten Grüßen Ihr