es geht einem hier merkwürdig: ohne einzelnen Men
schen übermäßig nahe zu treten, i
st
man doch von einem
solchen Gewirr von Men
schen und Be
strebungen umgeben, da
ss einem
zuhau
se und
Deutschland ungeheuer weit weg
vorkommt. Für mich hat eine
solche Sugge
stion etwas
sehr gutes:
schon lang hab ich
mich nicht
so frei gefühlt, mich
|nicht
so zu
sammenfa
ssen können. Es fällt mir manchmal mehr ein als ich auf
schreiben
kann: kleinere und größere Stücke, Erzählungen und anderes Phanta
sti
sches. Ich hoffe,
da
ss ich wol halbwegs Abge
schlo
ssenes fertig bringe.
Die
Stadt und das
bois sind noch nicht
sehr hüb
sch; man freut
sich hier
doppelt auf das Frühjahr, das Licht und die Blätter.
Anatole France zu
sehen, i
st recht intere
ssant; es kommen
|viel junge Leute zu ihm, das
Ge
spräch i
st fa
st aus
schließlich politi
sch, die Färbung
sociali
sti
sch. (Die
»Ge
sell
schaft« i
st fa
st voll
ständig nationali
sti
sch, zum Theil in einer widerwärtigen
bornierten Weise).
Eine große Freude i
st es,
Rodin in
seinem Atelier zu be
suchen. Da i
st man in einer ganz andern,
sehr großen
Welt. Er
selb
st i
st von einer merkwürdigen Güte und Freundlichkeit. Ich
|werde
ihn näch
stens auch nach
Meudon zu ihm hinausfahren.
Wie heißt der kleine Ort am Wasser, wo Sie einen so schönen und traurigen
Abend verbracht haben? Ich denke
sehr oft daran.
Ich be
schäftige mich mit Ihnen in Gedanken in einer
sehr lebhaften
sonderbaren Wei
se.
Mir i
st unter andern ein ganz incommen
surables kleines grote
skes
Stück eingefallen, in welchem Sie und
Paracelsus (der wirkliche, von dem ich ganz
|außerordentliche Bücher hier,
über
setzt, auszugsweise, mithabe) die Hauptfiguren
sind. Es i
st ein Stoff der mich
merkwürdig aufregt. Wenn ich es fertig bringe, mü
ssten wir es beim
Richard spielen. Ich
spüre dabei
sehr
stark, da
ss mir an
dem Verkehr mit Ihnen
gar nichts unfruchtbar i
st; auch nicht die klein
ste
Sache, mit der
sich nicht in der
|Erinnerung etwas anfangen ließe.
Was thuen Sie? von diesen Tagen jetzt gerade
kann ich es mir ja denken, beinahe fühlen, aber nachher? woran arbeiten Sie, lieber
Arthur?
I
st
Richard in
Wien? Ich erwartete auf mehrere Karten lange eine Antwort, erhielt endlich
eine
sehr
|flüchtige, dürftige aus
Florenz.
Mein
Papa wird Ihnen in den
näch
sten Tagen ein typiertes Exemplar des kleinen
Vorspiels schicken, das ich für eine
Berliner
Antigone-vorstellung (
26ten März)
ge
schrieben habe. Bitte
schicken Sie
es mit meinen herzlichen Grüßen an
Goldmann. Es wäre mir natürlich angenehm
|wenn er etwa in die Vor
stellung
gehen und darüber
schreiben würde, aber natürlich ab
solut nur, wenn er Lu
st hat.
Ich hoffe bald einen Brief von Ihnen,
sehe
Maeterlinck sehr viel, einen überaus erfreulichen Men
schen,
auch andere Leute, Frauen, Cocotten, Schau
spielerinnen,
sehr viele
schlechte
Men
schen, arbeite
sehr viel, finde endlich, da
ss der Tag 24 Stunden hat und bin nie
schläfrig.
Von Herzen Ihr Hugo.