Mein lieber kleiner Hugi!
Heute ein prachtvoller
Sommertag! der gute
Papa i
st mit
Arthur, der ge
stern nach un
serem
Souper angefahren kam, nämlich
Dr Schnitzler i
st die
ser
Arthur in
Ferleithen von wo
sie
nach↓vor↓ Ti
sch zurück kehren wollen. Die liebe kleine
Dora, die einer Erkältung wegen mit ihrer Familie die auch nach
Ferleithen i
st nicht mit konnte,
sitzt neben mir auf der
Veranda
und kocht mit den
2 Flatscherkindern.
Papa hat ein
sehr hüb
sches Flanellhemd und
seinen
schwarzen Gürtel angezogen, eine
affectirte schotti
sche Kappe aufge
setzt, und i
st mit der
»
Liebelei« die ich nicht
sah, weil ich noch im Bette lag, fri
schen Muthes um ½ 8
Uhr früh ab.
Seit es
schön i
st, fühlt
sich
Papa unberufen
sehr wohl, i
st lu
stig und zieht
sich
sehr gepflegt an. Über Alles das
sind wir froh, nicht wahr lieber Hugi.
|Sehr stolz bin ich darauf, daß Du mit meinem Brief so
zufrieden bist!
Amusantes kann ich Dir eigentlich nichts schreiben, aber
von alldem was hier vorgeht, und wie uns zu Muthe ist, davon weißt Du immer! –
Ge
stern war ich fa
st den ganzen Nachmittag im Wald oben, und habe
so recht nach
Herzenslu
st mit den
Speyermädeln geplau
scht. Dann bin ich mit
Papa auf der Anna Bank gemüthlich ge
seßen, und bei
Arthur’s
Souper assistirten wir auch. Wir
sind mit ihm unter den Bäumen vor dem
Fliegen
salon ge
seßen. Al
so 12 Stunden in der be
sten
Luft, die es überhaupt giebt. Ich
seh
schon, wie Du jetzt lach
st, daß ich die
Fusch schon wieder
so lobe! –
Während ich mit Dir plaudere, kommt abwech
selnd die kleine
Nani und der
Martin, und zeigen mir die
schönen Sachen, die
sie am Ti
sch neben an, in dem Ge
schirrl
das
|wir ihnen mitbrachten, kochten. Sie
sind wirklich
liebe Fratzen, und machen mir viel Spaß, und ko
mme ich
mir um Vieles jünger vor wenn ich mit Kindern oder jungen
Mädeln bin. Du weißt, daß mich die Frauen in meinem Alter nur mäßig anregen.
Eigentlich ver
sti
mmen
sie mich mehr, und fühle ich dann
mein Alter! es i
st das eine Schwäche von mir deren ich mich aufrichtig ge
sagt aber
nicht
schäme.
Abends wollen wir heute wieder zu
Weilguni gehen,
schöne Mu
sick hören. ich freue mich
sehr darauf, denn das i
st mir ein
großer Genuß für mich.
Damit die Schreiberei noch animirter wird, werfen die
Kinder über unter und neben mich den Ballen. Unglaublich, was sie heute treiben, aber
mich stört es nicht und spiele ich immer wieder selbst mit ihnen.
|[handschriftlich Arthur Schnitzler:] mein lieber Hugo, aus
Ferleiten haben Sie
schon meinen gedruckten Gru
ss beko
mmen, nehmen Sie noch einen ge
schriebnen aus der
Fusch. Ich freue mich
sehr hiehergeko
mmen zu
sein; vor zwanzig Jahren oder mehr bin ich zum
letzten Mal hier gewe
sen. Jetzt eben ko
mm ich mit Ihrem
Papa aus
Ferleiten zurück und Ihre Mama offerirt mir die
se leere
Seite. So werd ich mit Liebenswürdigkeiten über
schüttet.
Auf Wiedersehen!
Von Herzen Ihr Arthur.