Arthur Schnitzler an Hugo von Hofmannsthal, 15. 7. 1898

|Graz, Freitag
15/7 98
Mein lieber Hugo, meine Absicht ist, Sonntag von hier fortzureisen; dann zu Bahn, Rad, Wagen weiter, vielleicht komm ich in die Fusch, da seh ich wohl noch Ihre Eltern, Donnerstag 21. Bad Gastein, Villa Wassing, dort treffen mich Nachrichten bis 23. (Bei meiner Mama). (Also nicht offne Karte!) – Dann schlängle ich mich allmählich nach Salzburg – und weiteres hören Sie noch. – Die Zeit hier vergeht leidlich, wenn auch nicht ganz nach meiner Laune; zum Familienleben, |selbst in mäßigem Umfang bin ich nicht geboren. Auch sind jetzt die Zustände durch die merkwürdige Vermengung von illegitimem und anerkanntem, Einsicht und Halbheit, ganz unruhig.
Zum Arbeiten bin ich gar nicht gekommen; mit einer sehr lebhaften Sehnsucht ruft es mich zu meinem neuen Stück – und doch werd ich vorher wahrscheinlich was anderes schreiben. Die alte Skizze vom »Sohn« (Muttermörder) gestaltet sich in mir zu irgendwas aus, was beinah |ein Roman sein könnte. – Dass ich von Wien fort bin, ist mir recht; dass es von hier aus bald weiter geht, nicht minder. Das Radeln macht mir Freude.
Warum schreiben Sie mir in Ihrem letzten (vom 12.) nicht, wie’s Ihnen geht? Das hoff ich, wenn auch nur mit ein paar Zeilen, in Gastein zu erfahren. Richard schrieb mir kurz, ohne bestimmte Zusage, nicht wohlgelaunt.
Lassen Sie uns auf ein schönes Wiedersehen hoffen. Von Herzen Ihr
Arthur
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