Oscar Blumenthal an Arthur Schnitzler, 12. 5. 1897

Director: Dr. Oscar Blumenthal.
Berlin N.W. (40), den 12. Mai 1897.

Sehr geehrter Herr Doctor!

Es würde mir eine grosse Freude machen, wenn Sie mir für die nächste Spielzeit des »Lessing-TheaterS« – die letzte unter meiner Direction – ein neues Bühnenwerk aus Ihrer Feder anvertrauen würden. Ich gestatte mir, Sie darauf aufmerksam zu machen, dass gerade in der nächsten Saison sich der schauspielerische Besitzstand des »Lessing-TheaterS« durch eine Anzahl von sehr vielverheissenden Neu-Engagements beträchtlich vermehrt hat. Es werden in den Verband des »Lessing-TheaterS« vom ersten September ab neu eintreten: Adolf Klein vom Königlichen Schauspielhaus; Willy Rohland, Alfred Halm und Herrmann Valentin vom »Theater des Westens«; Paula Carlsen vom »Neuen Theater«; Meta Illing vom »Deutschen Theater« in München; Mathieu Pfeil vom »Irving Place-Theatre« in New-York; Albert Ullrich vom »Hoftheater« in Meiningen. Louise Dumont wird nach einem neuen Uebereinkommen schon von Mitte October ab dem »Lessing-Theater« zur Verfügung stehen, und JENNY GROSS schon in der ersten |Septemberwoche ihre künstlerische Thätigkeit wieder aufnehmen. Rechnet man hinzu die erprobten Kräfte des »Lessing-TheaterS« – META JAEGER und MARIE ELSINGER, PAULA WIRTH und SOFIE PAGAY, FRANZ GUTHERY und FRANZ SCHOENFELD, EMANUEL STOCKHAUSEN und CARL WALDOW, so ergiebt sich ein künstlerisches Ensemble, wie es sich nicht eben häufig zusammenfindet. Bietet sich in einer Novität eine humoristische Characterrolle von besonderer Kraft, so hat sich mir auch GEORG ENGELS wiederum für ein längeres Gastspiel zur Verfügung gestellt, und so bitte ich Sie freundlichst, mich durch zwei Worte wissen zu lassen, ob ich auf Ihre mir so werthvolle Mitarbeiterschaft für den Spielplan des »Lessing-TheaterS« in der nächsten Saison hoffen darf.
Mit ergebenstem Gruss
 [handschriftlich Oskar Blumenthal:] Dr. Osc. Blumenthal.
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