Oscar Blumenthal an Arthur Schnitzler, 14. 11. 1896

Director: Dr. Oscar Blumenthal.
Berlin N.W. (40), den 14. November 1896.

Werther Herr Doctor!

Während meiner Anwesenheit in Wien habe ich leider keine Gelegenheit gefunden, Sie zu sehen, und möchte Ihnen deshalb auf diesem Wege eine Idee unterbreiten, die ich zunächst mit Friedrich Mitterwurzer besprochen habe, und zwar mit begeisterter Zustimmung von seiner Seite. Da bei dem Einacter-Cyclus »Morituri« das Publikum sich geneigt gefunden hat, eine Reihe von einactigen dramatischen Genrebildern für ein Ganzes zu nehmen, wenn sie auch nur durch einen losen Faden mit einander verknüpft sind, so ist mir der Gedanke gekommen, ob nicht Ihr prächtiger »Anatol« in ähnlicher Weise für das Theater erobert werden könnte. Ich denke mir unter dem Gesammt-Titel »Anatol«, fünf Capitel aus einem Liebesleben von ARTHUR Schnitzler, eine Zusammenfassung etwa der fünf |einactigen Plaudereien aus Ihrem Buch: »Eine Frage an das Schicksal«, – »Weihnachts-Ausverkauf«, – »Episode« – »Das Abschiedssouper am Hochzeitsmorgen«, – und glaube, dass es leicht gelingen könnte, durch Hinzufügung einzelner Sätze, besonders in das erste und letzte Stück dieser Serie einen inneren Halt und volle Abrundung zu geben. Mitterwurzer ist mit Begeisterung bereit, den Anatol bei seinem, den ganzen Monat April umfassenden, Gastspiel zur Darstellung zu bringen, und ich bitte freundlichst um Nachricht, wie Sie sich zu dieser Idee stellen würden.
Mit besten Grüssen
Ihr ergebener
 [handschriftlich Oskar Blumenthal:] Dr. Osc. Blumenthal
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