Hugo von Hofmannsthal an Richard Beer-Hofmann und Arthur Schnitzler, 8. 7. 1893

|Fusch, 8 Juli 93.

lieber Richard und Arthur!

Ich brauch Euch wohl nicht zu sagen, wie ich mich freue, dass endlich einmal ein paar von den graciösen Schatten aus dem Anatolbuch bei Sommersonne und Lampenlicht lebendig werden sollen. Ich käme hin, wäre ich nicht gerade beim zaghaften Anfang einer Erholung meines etwas in Unordnung gerathenen sog. Nervensystems.
Es thut mir merkwürdig wohl, ohne Kaffeehaus, ohne Geselligkeit, ohne etwas das treibt oder bindet, so vor mich hin zu dämmern, |in lauen Bädern beinahe einzuschlafen und Shakespeare’sche Comödien zu lesen, während kleine Katzen in der Sonne mit einem Knäuel Wolle spielen. Am liebsten war mir, Ihr möchtet am Morgen drauf telegrafieren; jedenfalls schickt mir, was Ihr an localen und sonstigen Recensionen bekommt, wenigstens zum Ansehen hierher; ich schicke Euch doch auch immer alles von mir.
»Gestern« hab ich nicht mit; wenn Richard es braucht, soll er an Manz (Kohlmarkt) |telegrafieren.
Ich tröste mich am GoetheSchiller'schen Briefwechsel über unsere mangelhafte Berühmtheit (Goethe mit 46 Jahren in Karlsbad wird mit Klinger verwechselt) und habe Euch sehr gern.
Hugo.
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