Arthur Schnitzler an Stefan Großmann, 24. 12. 1925



*24. 12. 1925.

Verehrter Herr Grossmann.

Besten Dank für die freundliche Uebersendung der Nummer 51 vom 19. Dezember. Aber warum gleich in zehn Exemplaren? Zarte Mahnung, weil ich meine terminlose Zusage bisher leider noch kein einziges Mal zu erfüllen imstande war? Ich hätte diesmal so viele Zusagen ähnlicher Art zu erfüllen gehabt, dass ich mich entschlossen habe keine zu erfüllen und somit will ich auch meinem alten Prinzip getreu nichts wirklich versprechen als was ich auch schon im selben Augenblick zu halten vermöchte.
Der Notiz aus dem Hitler-Blatt bleibt ein bescheidenes, aber ehrenvolles Plätzchen in meiner Sammlung gewahrt.
Mit verbindlichen Neujahrsgrüssen
Ihr sehr ergebener

Herrn Stefan Grossmann,
Herausgeber des »Tagebuch«, Berlin.
    Bildrechte © Deutsches Literaturarchiv, Marbach am Neckar

    Nummer 51] Darin ist folgende Notiz enthalten: »Schnitzlers Unterleibsbeschwerden / Adolf Hitler hat noch immer in München, das doch längst nicht mehr die dümmste Stadt der Weit sein will, seine täglich erscheinende Zeitung. Dort schreibt ein treudeutscher Mann über Arthur Schnitzlers Dichtungen: / ›Man könnte sich mit solchen Stücken gewiß abfinden, wenn daraus das Ethos eines Dichters spräche, der, indem er uns die Kehrseite solcher Liebeleien wie in Geschlechtskrankheiten, Unterleibsleiden, nervösen Zerrüttungen und der Degeneration der Masse der großstädtischen Bevölkerung zeigte, warnend und abschreckend wirkte.‹ / Kein Zweifel, in Schnitzlers Dichtungen fehlen die Unterleibsbeschwerden, sowohl des Darmes als der anderen Organe. Eine kleine Verstopfung und Schnitzler wäre auch bei Hitler ein gemachter Mann.« (Jg. 6, H. 51, 19. 12. 1925, S. 1911.)

    Notiz] J. St–g. [=Josef Stolzing-Cerny]: Residenztheater. Erstaufführung: Anatol. In: Völkischer Beobachter, Jg. 38, Nr. 220, 15. 12. 1925, S. 2.

    «] an Stelle des Ausführungszeichens steht »§«