Hugo von Hofmannsthal an Arthur Schnitzler, 21. 12. [1918?]

21. XII.

mein lieber Arthur

recht sehr freu ich mich heute abend ein Stück von Ihnen, eine Ihrer stärksten u. glücklichsten Arbeiten wie ich glaube, spielen zu sehen. Ein solcher Abend bindet, über den Abgrund des Geschehens hinweg, die Jahre an die Jahre und erweckt ein kaum definierbares Gefühl: dass ein Teil von uns doch all diesem Geschehen entrückt und von all dem unberührbar ist.
Sehr lieb war’s mir auch den »Casanova« von Ihrer eigenen Hand und mit Ihrem Namenszug zu empfangen – so gibt es doch Dinge u. Bezüge die sich nicht verändern.
Sehr gern, lieber Arthur, möchte ich Sie aber doch wiedersehen. So unbequem es ist, ich komme gerne hinaus. Vormittags einmal – ich glaube, aus früheren Zeiten, das stört Sie nicht in der Arbeit.
Ich schrieb Ihnen das vor ein oder zwei Wochen, damals waren aber noch die Proben vor Ihnen so haben Sie mir wahrscheinlich deswegen nicht geantwortet.
Ich bin die Tage 28 29 30 31 in Wien zur Verfügung. Bitte schreiben Sie auf einer Karte in die Stallburggasse, an welchem von diesen Tagen Sie mich sehen wollen.
Ich würde dann trachten 10 ½ draußen zu sein.
Herzlich Ihr
Hugo.

    heute abend] Obzwar von Schnitzler mit der Jahreszahl »19« versehen, dürfte der Brief bereits 1918 gelaufen sein. Am 21. 12. 1918 fand die Wiener Erstaufführung statt. Zwar wurde Professor Bernhardi auch am 21. 12. 1919 gespielt, doch war der Verfasser nur vor der Premiere an den Proben beteiligt.

    Casanova] Casanovas Heimkehr erschien im Dezember 1918. Es ist anzunehmen, dass Schnitzler Hofmannsthal ein weiteres Exemplar widmete, da das erste direkt aus dem Verlag kam (Vgl. Hugo von Hofmannsthal an Arthur Schnitzler, [Anfang Dezember 1918]). Das Exemplar ist nicht überliefert.