lieber Richard – man wird so leicht unbescheiden! Da Sie mir einen Brief geschrieben haben, so wär es mir natürlich sehr erfreulich gewesen, darin auch etwas über Sie, die Ihren, Ihr Leben, Ihr Arbeiten, und was es eben so von
Ischl nach
Wien zu berichten gibt vorzufinden, und ich hoffe, daß Sie in der Antwort auf diesen hier einiges nachtragen werden. Ich will Ihnen heute nur sagen, dass es
Arthur K. völlig gut geht und daß er Mittwoch in seine
Wiener (übrigens definitiv gekündigte) Wohnung wiederkehrt. Vorgestern fügte es sich, daß er mir seine Ideen (über die er mir schon manches vorher andeutungsweise mitgetheilt) – in einer Art von Zusa
mmenhang vortrug. Meine Vorbildg in der Philosophie
ist zu wenig exact und ausgreifend, als daß ich mir ein Urtheil zu bilden vermöchte, ob die merkwürdigen Dinge, die
K. eingefallen sind einen Schritt vorwärts bedeuten in der Geschichte des menschlichen Denkens: für mich handelt es sich hier um wunderschöne Gedankenspiele (nicht -spielereien), in einer beträchtlichen und sehr reinen Höhe, an denen ich ein Wohlgefallen empfinde, in dem intellectuelle, aesthetische und auch moralische Elemente vorhanden sind. Mir wär es wahrscheinlich nicht anders gegangen, we
nn mir
Kant oder
Schopenhauer ihre geistigen Entdeckungen zum ersten Mal vorgetragen hätten; – meine Ansichten über Philosophie als Wissenschaft sind überhaupt etwas ketzerisch; nicht daß ich die Philosophie »unterschätzte« – ich rangire sie nur anderswo ein, als ihre Adepten es im allgemeinen zu thun pflegen. Und mir scheint als we
nn mir gerade aus manchem was
K. ausspricht, Bestätigungen für meine Auffassung – oder sagen wir Empfindung – entgegenkämen. Über die Krankheit selbst, und über die Aerzte wollen wir uns mündlich unterhalten. Wann?
Salzkammergut nicht sehr wahrscheinlich. Ende August gedenken wir (we
nns nicht gar zu unbequem) nach
Partenkirchen zu meiner
Schwägerin, ev. halten wir uns in
Salzburg auf. – Hier ist es ganz erträglich, ich mache (fast immer allein) schöne Spaziergänge im
Wiener Wald, (den Sie kennen lernen sollten) – entdecke immer neue Gegenden, mit neuen Schönheiten. Im übrigen arbeite ich – es ist, neben dem Spazierengehen, die einzige Art, über das Grauen, die Si
nnlosigkeit und die Abgeschmacktheit dieser Zeit gelegentlich wegzuko
mmen. Si
nnlosigkeit? – Oder sollte es doch einen Sinn haben? Da
nn müßte man erst recht verrückt werden. – Nehmen Sie unser Beileid zu Schufterls Hinscheiden; bei uns
hat sich
nun auch so ein kleines Thierchen einquartiert, das eigentlich der
Wucki gehört, die jetzt mit ihm auf Urlaub ist – in
Oberhollabrunn. Die Rückkehr beider erwarte ich mit Fassung.