Ich danke Ihnen herzlich für Ihren Glückwunsch. Die Versetzung von
Floridsdorf zum
Bezirksgericht Josefstadt empfand und empfinde ich noch als eine Befreiung aus dem unleidlichsten Zustande, dem Zwang zur Zeitvergeudung. Denn mochte ich mich auch bemühen, die endlosen täglichen Tramwayfahrten zu irgendeinem Studium auszunützen, es gelang höchstens bei der Morgenfahrt, während mir die Rückreise, die ich ermüdet und hungrig zurücklegen mußte, nur gerade noch eine Zeitungslektüre verstattete. Auch die Amtsbeschäftigung – die Säuberung einer von meinem verstorbenen
Vorgänger arg verwahrlosten außerstreitigen Abteilung – bot nur wenig Befriedigung.
Durch die Versetzung bin ich allerdings wieder, und zwar aller Wahrscheinlichkeit nach auf längere Zeit, in die Nachrichtertätigkeit zurückgeworfen; da ich aber nur in Preistreibereisachen zu judizieren habe, bleibt mir das Peinliche fern, das in jeder andern Nachjudikatur in Zeiten allgemeiner Not liegt. Ich brauche nicht Leute zu verurteilen, deren Vergehen durch die Hungersnot kausal begründet ist, sondern habe vor allem gegen solche einzuschreiten, deren Vergehen eben die Mitverursachung der Hungersnot bildet. Und so arbeite ich ohne böses Gewissen.
Auch literarisch bin ich nicht ganz untätig. Von einer seltsamen
Urchristenkomödie (oder Tragödie?) habe ich fast drei Akte im Rohen fertig entworfen und hoffe, die restlichen zwei Akte, die mir besonders am Herzen liegen, während des Urlaubs zu Papier zu bringen. Diesen trete ich Ende Juni an und will ihn zur Hälfte bei
Frau und
Kind verbringen, die ich günstigerer Ernährungsverhältnisse wegen in meinem früheren Dienstorte, in
Zistersdorf, angesiedelt habe; während der restlichen Zeit gedenke ich mit D
r Beer irgendwo in
Steiermark, bewaffnet mit einer Salami, das dazu gehörige tägliche Brot zu suchen.
Da ich nicht weiß, wann Sie, hochverehrter Herr Doktor, nach
Wien zurückkehren – das herrliche Wetter dürfte Ihre Rückkehr wohl verzögern –, will ich im Laufe der nächsten Woche bei Ihnen anklopfen, auf die Gefahr hin, Sie nicht anzutreffen.
Indem ich schließlich den Rückerhalt des
Dumas mit bestem Dank bestätige, verbleibe ich mit besten Grüßen und Empfehlungen Ihr