Peter Altenberg an Arthur Schnitzler, [26. 4. 1913]



*Lieber beſter Dr Arthur Schnitzler,

bitte, das hätten Sie nicht ſagen ſollen, daſs ich drauſſen wieder eventuell zu trinken anfangen könnte! Daran klammert man ſich jetzt. Ich habe 5 Monatell lang gar nicht eine Sekunde lang an Alkohol oder ſelbſt Bier, gedacht, ich entbehre es nicht, war nie ein Alkoholiker, ſondern nahm es als Schlafmittel.
Jeder Tag länger hier, jede aus Verzweiflung über das Hierſein, ſchlaflos, in Seelen-Noth verbrachte Nacht, verhindert künſtlich meine eingetretene *Reconvalescenz! Das bitte, wiederholen Sie eindringlich, ſchriftlich, dem Herrn Primarius Richter! Dadurch erretten Sie mich vor den Martern des Zuwartens! Man will mich heimtückiſcher Weiſe (mein Bruder) durch dieſes Zuwarten in einen neuerlichen Zuſtand von Nerven-Erſchöpfung und Überreizung bringen, um dadurch eine *Gelegenheit zu haben, mich weiter in dieſem ſchrecklichen Kerker feſtzuhalten!
Erretten Sie mich, befreien Sie mich, durch Ihre Mitteilung an den Primarius Richter, der mich fragte, was Sie davon hielten?!?
Ihr ewig dankbarer
Peter Altenberg
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