Durch meinen
Bruder, der zur Zeit bei uns wohnt, erfahre ich von dem Hinscheiden Ihrer
Mutter und möchte Sie bitten, den Ausdruck auch meiner herzlichen Teilnahme freundlichst entgegenzunehmen.
Ich las mit großer Bewunderung Ihre so wunderbar gehobene
Dichtung in der »
Rundschau« und erwarte mit freudiger Ungeduld die
Münchner Erstaufführung
Ihres neuen
Stückes. Meinen
Bruder sehe ich schwer verstimmt – und bin es mit ihm – über das Fehlschlagen der Hoffnungen, die er auf sein
Drama gesetzt hatte. Ich habe es erst jetzt hier in der Korrektur gelesen und muß zum Mindesten die Energie bewundern, mit der ein an weit ausladender Breite gewöhnter
Romancier so viel Leidenschaft und Schicksal in ein paar knappe Dialoge zusammenzupressen vermochte. Gewiß, die Theaterdirektoren thun höchst Unrecht, das
Stück zurückzuweisen! Es mag sein, daß die beiden späteren Akte gegen den ersten an Bühnenwirksamkeit zurückstehen, aber dichterisch genommen bringen sie die eindringlichsten Dinge, und die schönsten Repliken sind in ihnen enthalten. Und ist es nicht schließlich so, daß eine dramatische Arbeit dieses
Autors ohne Weiteres aufgeführt werden müßte? Wäre das nicht eine selbstverständliche Aufmerksamkeit des Theaters gegen den
Dichter der »
Kleinen Stadt«? Entfällt dabei für die Direktoren nicht jede künstlerische Verantwortung? Hoffentlich erkennt nun wenigstens Frau
Durieux in
Berlin in der
Leonie eine gute Rolle.
Mit den besten Empfehlungen an Sie und Ihre
Gattin,
sehr verehrter Herr Doctor,