Albert Ehrenstein an Arthur Schnitzler, 15. 1. 1909



*15. Jan. 09.

Sehr geehrter Herr Doktor!

Die hiſtoriſche Novellette zu ſchreiben, von der ich das letztemal Ihnen, ſehr geehrter Herr Doktor, ſprach, iſt mir vorläufig mißlungen. Die Langeweile, welche mir die Beſchäftigung mit ihr verurſachte, war ſo enorm, daß ich mich nicht dazu haben konnte ſie zu vollenden, trotzdem der bereits von heftigem Fieber gequälte Held nur noch binnen drei Seiten zu ſterben hatte. Glücklicherweiſe träumte mir im vorigen Monat ein Märchen, das den Vorzug hat, für die Öſterreichiſche Rundschau nicht ganz ungeeignet zu ſcheinen. Wenn nun Sie, *ſehr geehrter Herr Doktor, dieſes Opusculum einer geneigten Durchſicht zu unterziehen die Güte hätten, würde mir das eine große Freude bereiten. Denn bei dem nicht geringen Volumen des von mir für die Diſſertation zu bearbeitenden Aktenmaterials, würde mir eine neuerliche Hingabe an zeitraubend-wertloſe literariſche Experimente gegenwärtig recht schwer fallen.
Mit der Bitte, die kaum leichtfertige Inanſpruchnahme Ihrer koſtbaren Zeit nicht allzu ungünſtig beurteilen zu wollen, verbleibe ich ergebenſt Ihr Sie verehrender
Albert Ehrenstein.
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    träumte mir im vorigen Monat] am 7. 12. 1908, vgl. Ehrenstein: Briefe, S. 24.