Hugo von Hofmannsthal an Arthur Schnitzler, 24. 7. [1908]



*Bad Fuſch 24ten VII.

mein lieber Arthur

ich habe dieſe 14 Tage hier ſo viel gearbeitet, gedacht, notiert daſs ich wirklich außer kleinen Karten an Gerty und meinen Vater nichts Briefartiges habe ſchreiben können und wollen, ſchon aus Angſt vor einem Überſpannen und Nicht-ſchlafen.Übermorgen kommt Gerty mir nach und *wir fahren nach Sils. Dort hoffe ich nicht nur mit dieſer Comödie fertig zu werden, ſondern auch ein anderes, kurzes Stück, das mir mit zudringlicher Lebhaftigkeit vorſchwebt, zum mindeſten anzufangen. Statt nach Sils könnten wir doch ganz wohl auch dorthin kommen wo *Ihr ſeid – ich meine: »hätten wir können.« Es iſt eine Schrulle von mir daß wenn jemand wie Sie nach dem ich mich gerne richte, einen Plan ausſpricht, wie Sie im Winter den, in die Schweiz zu gehen – ich mich ſo daran halte als ob es etwas ganz Feſtes wäre. Auf dieſe Weiſe habe ich in Sils gemiethet – um eine Begegnung mit Euch *bequem zu haben. Dann im Mai wäre dieſe Sache wohl noch rückgängig zu machen geweſen, da hat aber meinen Willen und meine Luſt etwas anderes gelähmt: ich meine mein gar nicht glückliches Verhältnis zu Ihrem Roman. Da ich Sie eben ſehr gerne habe, und zwiſchen Ihnen und Ihren Arbeiten natürlich keine Grenze ziehen kann, ſo hat mich dies *durch einige Wochen ſehr verſtört. Es wäre mir ebenſo qualvoll geweſen, darüber reden zu müſſen, als es mir peinlich war, darüber zu ſchweigen.
Jetzt bin ich darüber ruhiger geworden, und ich erwähne es jetzt abſichtlich, weil Ihnen ja doch mein Schweigen aufgefallen ſein muſs.
Jetzt macht es mir gar nichts, *entweder niemals darüber zu reden oder doch zu reden, wenn es sich einmal ergibt.
Ich bin ſo begierig was Sie machen.Bitte ſchreiben Sie mir ein paar Zeilen, oder es ſchreibt vielleicht Olga an Gerty.
Von Herzen Ihr
Hugo
PS. Habe, um unter vielen Büchern auch etwas von Ihnen mitzuhaben, den »einſamen Weg« mitgenommen und ihn auf einem Spaziergang mit großer Freude vom Anfang zum Ende geſehen.geleſen.Es iſt doch für eine zweite Periode ihres Schaffens ebenſo ſchön und bedeutend, als *»Liebelei« für eine erſte.
Unſere Adreſſe:
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