Wien 14. 12. 904
in den Cyclus Lebendg Stunden] vgl. Arthur Schnitzler an Hermann Bahr, 18. 10. 1901
brav genug] Berliner Tageblatt, Jg. 54, Nr. 227, 14. 5. 1925, Abend-Blatt, S. 2: »Arthur Schnitzler unterhält sich mit einem Freund über Leutnants Bilses Schlüsselroman ›Aus einer kleinen Garnison‹, und es entsteht die Frage, inwieweit ein Autor ein Recht habe, wirkliche Vorkommnisse und Namen in ein Werk aufzunehmen, ›Die Frage‹, sagt Schnitzler, ›erinnert mich an eine reizende Episode ans dem Leben des Tenors Streitmann; der war nämlich schon ein berühmter Operettenheld, ohne daß ihn seine auf dem Land lebende Mutter je auf den Brettern gesehen hatte. Eines Tages fährt sie nach Wien, begibt sich – auf dem Zettel steht die ›Fledermaus‹ – ins Theater, wo ihr Sohn auftritt. ›Nun?‹ fragt am Ende der Vorstellung Streitmann seine Mutter, ›wie habe ich dir gefallen?‹ – ›Sehr gut, sehr brav, mein Kind – aber‹, und sie wird bedrückt, ›warum hast du nicht das schöne Lied gesungen: ›Ach, ich hab’ sie ja nur auf die Schulter geküßt?‹ – ›Aber Mama,‹ sagte der Tenor, ›das kommt ja gar nicht in dieser Operette vor.‹ – ›Schön, kommt nicht vor . . . aber warum hast du’s nicht doch gesungen?‹ – ›Aber Mama, verstehst du nicht – ich hätt’ es ja gar nicht singen dürfen.‹ Darauf ein langer, mißtrauischer Blick der Mutter: ›Wenn man brav ist, mein Kind, darf man alles.‹ ›Das ist‹, fügt Schnitzler hinzu, ›auch meine Meinung über den Schlüsselroman.‹«
schämten] Schreibfehler, das Wort ist deutlich zu entziffern
Mahler« haben wir noch Sitze] Mahler dirigierte seine 3. Symphonie im Musikvereinssaal.