mein lieber Hermann, wir waren eben in
Hietzing, mit
Hugo’s u
Richards u
Karg zusammen, u da hab ich mit großer Freude gehört, dass du dich viel wohler befindest. Nun möchte ich aber gern recht bald ein Wort von dir selbst vernehmen, und wissen, wie es mit deinen Plänen für die nächste Zeit steht. Ich bin seit Freitag Abend
wieder in
Wien; wir (
Olga u ich) waren auf der Rückreise einen Tag in
Dresden und haben allzukurze Stunden in der
Galerie verbracht.
Über den
Einsamen Weg hast du wohl, soweit es sich um den äußerlichen Verlauf des ersten Abends handelt, das wesentliche gelesen. Es war ein leidlicher Abfall, Husten und Unruhe von Anbeginn, matter Beifall nach 2. u 3. Akt mit Widerspruch; Gelächter und starker Beifall nach dem 4. Akt, viel Applaus und viel Zischen am Schluss. Der 2. Abend, ausverkauft, ging beträchtlich besser – und nun scheint sich, wie ich aus
Berlin höre, das Stück, das bei einem Theil der Kritik sehr lebhafte Anerkennung fand, doch einige Zeit halten zu wollen. In
Wien war eigentlich nur das
Goldmann’sche
Telegramm wirklich schlecht – was er mir persönlich über das
Stück zu sagen wußte, waren nur die folgenden Worte, als ich ihn ein paar Tage nach der Première zum Abschied besuchte
: »Ich schreibe eben das
Feuillet über den
E. W. – Du wirst keine Freude daran haben.« – Die Fehler des
Stücks spür ich jetzt wie mir vorko
mmt sehr genau: Das Verhältnis zwischen
Sala u Johanna müßte schon zu Beginn völlig declarirt sein – das ist ein technischer Fehler, de
n gutzumachen in meinen Kräften stände. Andres aber dürfte in den Mängeln meiner Begabung begründet sein – so insbesondre eine gewisse Steifigkeit im Wesen Julians. Immerhin bleibt es eine schwierige Sache von einer Person die Meinung verbreiten zu wollen – sie sei einmal ein Genie gewesen. Ja we
nn man das Bild ins Foyer hängen könnte, das
Julian vor 25 Jahren gemalt und das ihn berühmt gemacht hat! Übrigens – vielleicht wäre es auch im Augenblick vergessen, da man sich wieder ins Parket begibt.
Was ich selbst an dem
Stück wirklich liebe, ist der fünfte Akt und die Gestalt des
Sala, der gegenüber ich mich, eigentlich das erste Mal in meinem Leben, als eine Art von Schöpfer fühle. Und der fünfte Akt bedeutet mir zuweilen etwas mehr als der Abschluss eines Dramas – ja nicht viel weniger als der Abschluss von 42 selbst gelebten Jahren.
– Nun seh ich mancherlei vor mir, was mir, wenn ich etwas weniger faul, etwas weniger zerstreut, und mit wahrer Intensität begabt wäre, nach dem sonstigen Stande meines Innern, eigentlich gelingen müßte. –
– Wir haben in
Berlin oft von dir gesprochen und alle Leute die du kennst lassen dich grüßen. Meine
sicilianischen und
korfiolischen Pläne weben weiter – wirst du auch südlicher wandern und werden wir uns sehen? Meine
Frau grüßt dich herzlich, ich desgleichen und wir wären sehr froh, wenn wir bald noch besseres, ganz gutes von dir hörten.