Hermann Bahr an Arthur Schnitzler, 9. 11. 1903



*9. 11. 03

Lieber Arthur!

Ich habe geſtern Dein »Excentric« vorgeleſen und die Leute haben über das liebenswürdige Fräulein de la Roſière ſo gebrüllt, daß ich wirklich bisweilen eine Minute lang warten mußte, bis ſie ſich ſo weit gefaßt hatten, mich wieder anzuhören. Die Geſchichte iſt köſtlich und zum Vorleſen ideal. Ich ſchicke Dir das Heft mit derſelben Poſt zurück, ich habe mir die betr. Nummer der Jugend bereits verſchafft.
Noch etwas, ganz aufrichtig. Da Du keine Sitze von mir verlangt haſt, habe ich Dir keine ×geſchickt, weil mir das von mir immer so furchtbar aufdringlich vorkommt, Jemandem ungebeten Sitze zu ſchicken, der dann am End erſt ſeine Köchin anflehen muß, ſie zu benützen.
*Anbei findeſt Du den Rekours, der am 5. d. der Statthalterei überreicht worden iſt. Er iſt von mir mit Burckhard berathen und dann von dieſem verfaßt worden, was aber, nach ſeinem Wunſch, nicht bekannt werden ſoll. Verſuche, den Rekurs in irgend eine Wiener Zeitung zu bringen, ſind durchaus misglückt. Überlege, ob Du ihn eventuell der nächſten Auflage des Reigens vordrucken würdeſt. Sag aber nur offen Nein, wenn es Dir nicht paßt.
Salten tuſt Du glaub ich unrecht. Du mußt nur doch die für ihn unglaublich heikle und gefährliche Situation bedenken, in der er geſchrieben hat. Aber darüber mündlich.
Mit den beſten Grüßen an Deine Frau
herzlichſt Dein
Hermann
    Bildrechte © University Library, Cambridge

    Jugend] Arthur Schnitzler: Excentric. In: Jugend, Jg. 7, Nr. 30, [16.] 7. 1902, S. 492–496.

    Rekours, der am 5. d. der Statthalterei überreicht worden ist] Vgl. Schnitzler an Otto P. Schinnerer, 6. 2. 1930, in A. S. Briefe II,660–664.

    Salten tust Du glaub ich unrecht] Das könnte auf ein verlorenes Korrespondenzstück hinweisen; zum Inhalt siehe die Antwort Schnitzlers.