- Vor’s Portal für Jubelgreise
- Gängelt Ihr mich lobesam,
- Da nun meine Lebensreise
- An die Sechz’ger-Ecke kam.
- Am Portal giebt’s lust’gen Thorschnack
- Zeitungsflaggenwimpelei,
- Künft’ger Nekrologe Vorschmack
- Und wie lieb ich vielen sei.
- Aber diese Zeitungsflaggen,
- Die mir heute freundlich wehn,
- Haben doch den Schalk im Nacken
- Und ich kann sie gut verstehn.
- Was mir manchmal schon als Ahnung
- Leise durch die Seele glitt,
- Wird zur öffentlichen Mahnung:
- »Du bist alt! Thu nicht mehr mit!
- »Wie’s mit Winterstrahlenschrägheit
- »Jetzt die Alterssonne meint,
- »Fass’ es klug: Erlaubt ist Trägheit,
- »Die von nun an Würde scheint.«
- Hm! Das laß ich mir gefallen,
- Wenn Ihr’s nicht zu wörtlich nehmt.
- Und ich sage Dank Euch allen,
- Die mich heut’ bediademt
- Oder doch bediaduselt
- Mit so manchem art’gen Wort.
- Musen! Jetzt ist ausgemuselt!
- Alle neune schick’ ich fort.
- Aber dass aus ihren Haaren
- bleibt ein holder Duft zurück,
- Der in neue Schreibgefahren
- Lockt, in neuer Träume Glück, –
- Dieses gänzlich zu verhüten,
- Steht nur schwer in meiner Macht;
- Sieht man doch auch späte Blüten,
- Wenn vom Frost der Wald schon kracht.
- Nehmt sie, wenn sie sprießen sollten,
- Dann als Dank für Eure Huld.
- Denn, je mehr ein Mann gegolten,
- Um so mehr steht er in Schuld.
- Erwähnte Personen: Joseph Victor Widmann – Arthur Schnitzler — Erwähnte Orte: Bern – Wien
20. Februar 1902] Widmanns sechzigster Geburtstag.