Arthur Schnitzler an Hugo von Hofmannsthal, 2. 9. 1896



*Wien 2. 9. 96.

Lieber Hugo,

Ihren ſo gemeinſchaftlichen Brief hab ich in Berlin bekoen und hab mich ſehr darüber gefreut. Sind Sie noch in Altausſee? Jedenfalls ſende ich Ihnen dahin meine herzlichſten Grüße und hoffe Sie bald in Wien zu ſehn. Ich war in Berlin *4 Tage; das bis zur Unkenntlichkeit umgearbeitete Stück hab ich dem Brahm vorgeleſen, der es, nicht ohne ausgeſprochenes Vergnügen, gleich angenoen hat. Er wollte es ſchon im September aufführen, wogegen ich mich wehre; wohl mit Erfolg. –
Auch in München war ich 2 Tage, und ſeit Samstag Früh bin ich wieder zu Hauſe, wo ich eben einen *der wildeſten Schnupfen durchlebe. So kann ich nicht mit der nötigen Geiſtesfriſche auf die Vierzeiler antworten, obwohl ich mehr als dreifachen Sinn darin erkannt zu haben glaube.
Daſs ich Ihre Novelle nicht hören ſoll, beleidigt mich – nur Richard ſoll das Vorrecht haben, Sachen zu leſen, die Sie nicht für gelungen halten?
Ich wollte, es käme mir einmal *was von Ihnen vor Augen mit ſchönen jungen Fehlern!
Wie koen Sie plötzlich aufs Theaterſpielen? Ich war ganz erſchüttert!
– Aber Zuſaenſein werden wir hoffentlich oft – und ohne das, was Sie »Halbwahres« neen, was aber was ganz andres iſt.
Wüßt ich nur ganz genau was! In Upsala hab ich drüber nachgedacht – wirklich in Upsala! –
Herzliche Grüße! Ihr
Arthur
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    Samstag Früh] 29. 8. 1896

    Vorrecht] Hofmannsthal hatte Geschichte der beiden Liebespaare nach harter Kritik von Beer-Hofmann zurückgelegt.