Lieber Hugo, seit So
nntag bin ich mit
Richard (und
Paula) zusa
mmen; seit vorgestern ist auch
Paul Goldmann da, und wir sind in einem angenehmen Hotel, am Meer, hinter den Häusern gleich ein wunderschöner Wald mit Buchen und Tannen, im Wald kleine fast versteckte Teiche, und we
nn man eine halbe Stunde weiter
geht, das freundliche Thal mit lieben kleinen Häusern und Ort
schaften (wo wir aber noch nie gewesen sind). Heute Vormittag sind wir nach einer kleinen
schwedischen Insel hinübergesegelt, wo nicht viele Menschen wohnen, sind in dem netten Haus des
Leuchtthurmwächters gewesen, und wie wir von dem niedern Thurm herunterstiegen, fanden wir im Wohnzimmer ein leises Harmonium, eine freundliche
Hausfrau und
im Vorzimmer sass die vierzehnjährige
Tochter des Hauses, regungslos in einer Ecke des Divans, sah uns mit prachtvollen braunen Augen an, strickte und hatte nur einen Schuh an. Dafür war der andere Strumpf an den Zehen zerrissen. Das war die junge
Dame von
Hven . .
Im Zurückfahren gab es so hohe Wellen, dass man die
Ostsee als Meer erkennen durfte; bisher war sie immer so still, dass man sich an einem See hätte glauben können.
Paula ist sogar seekrank gewesen. – Wir werden hier wohl alle bis etwa zum 20. August bleiben. Nachmittags pflege ich zu arbeiten. Vorher bin ich wenig dazugeko
mmen; nur ein paar Regentage oder -stunden auf der
Nordcaptour bin ich in meiner Kajüte gesessen und habe am 2.
Akt allerlei versucht. Immerhin scheint’s mir, als we
nn ich theilweise in den Intentionen Ihres Briefs, den ich in
Trondjhem bei meiner Rückkehr gefunden habe, verfahren wäre; denn vor allem hatte ich das Bedürfnis die Scene zwischen Ihm und Ihr mit mehr Leben anzufüllen. Ich weiss noch nicht, ob mir das und manches andre, das ich am
2. und in den letzten Tagen am
3. Akt gearbeitet habe, gelungen ist; in ein paar Tagen les’ ich die ganze Sache dem
Paul und dem
Richard wieder vor. So wie ichs haben will, bring ichs doch wohl nie zusa
mmen. –
Richard hat mir von Ihrer
Novelle erzählt; auch dss er Ihnen gerathen, Sie drucken zu lassen. Solange muss ich wohl warten bis ich sie zu lesen bekomme. Wohin werden Sie sie geben? –
Meine Reise ist im ganzen sehr schön gewesen; vielleicht ist die Zeit nur etwas zu kurz gewesen, um soviel in sich aufzunehmen.
Auf der See hab ich merkwürdg viel Kopfschmerzen gehabt. Von Städten hat mir
Gothenburg den stärksten Eindruck gemacht; wahrscheinlich weil ich dort ganz allein (auch nicht mit zufälligen Bekannten von der Reise) herumgegangen bin und am tiefsten gespürt habe: Wie fremd – wie fern – und dann weil ich nur ein paar Stunden dort gewesen bin und bei jedem Haus, jedem Menschen wußte – dich seh ich zum letzten Mal.
– In
Christ. hab ich
Ibsen gesprochen, der mehr zuhörte als redete aber sehr liebenswürdg war; in
Kopenhagen sind wir (
Richard u ich) mit
Nansen beim Frühstück gesessen, den wir wohl noch sehen werden. –
– Bis zum 20. treffen mich Nachrichten hier,
Badehotel. Es möcht mich freuen, noch zwei Worte von Ihnen zu hören.
Leben Sie wohl! Mit vielen herzlichen Grüßen Ihr
ArthSch
Nach 20. (–25.)
Berlin, aber schreiben Sie nach
Wien.