Wie Sie aus der Datierung ersehen, bin ich, dank Ihrer und
Beer-Hofmanns Hilfe, wieder im Besitze einer eigenen Wohnung. Ich danke Ihnen herzlich. Ich wohne jetzt bei einer beka
nnten
Familie, zusa
mmen mit einem
Freunde, einem alten Herrn,
Wiener, Schwager von
Dreher in
Schwechat, der früher lange Jahre in
Amerika und
Deutschland ein grosser Fabrikant war, da
nn fallierte und nun in seinen alten Tagen als Reisender eines Papiergeschäfts mühsam sein Leben fristet. Wir haben zusa
mmen ein grosses Wohnzi
mmer, ein Kabinet und einen Alkoven, wofür wir 50 francs zahlen – gewiss billig. Na, der Teufel wird schon weiterhelfen.
Ich hätte noch eine Bitte. Wären Sie so freundlich, bei
Beer-Hofmann nachzufragen, ob er vielleicht wieder einen alten Anzug hat; das Porto ka
nn ja nicht viel kosten. Und ich bin absolut ausserstande, mir selbst einen beizubringen. Seien Sie nicht böse, und besten Dank im vorhinein.
Ich schreibe wirklich einen
Aufsatz für
Wengraf und
Osten und werde da
nn einen
für die
Presse schreiben. Apropos
Presse: Dr.
Hirschfeld muss ja jetzt wieder in
Wien sein, und Sie kö
nnten vielleicht bei Gelegenheit mit ihm sprechen, ob es sich nicht machen liesse, dass ich für das Blatt die
Schweizer Korrespondenz, auch über Politik und Volkswirtschaft, übernähme. Ich haben bego
nnen, mich in die Verhältnisse einzuleben, und glaube, dass ich genügen würde.
Dass
Mackay Ihnen gefallen hat, freut mich. Auch ich habe ihn gern. Er hat, bei viel Schlauheit und einiger Reserviertheit, viele liebenswürdige Seiten, vor allem eine sehr angenehme Naivetät. Naiv ist zwar auch
Henckell, dabei aber entsetzlich langweilig und geistlos. Sie haben mich einen Antisemiten gena
nnt, aber – mit Ariern verkehrt es sich wirklich zu schwer.
Nehmen Sie mir meine neue Bitte nicht übel, grüßen Sie
Beer-Hofmann,
Loris,
Hirschfeld etc von mir und seien Sie selbst herzlichst gegrüßt
Was sagen Sie zu
Mackays neuestem
Buch? Erscheint bald wieder etwas von Ihnen? Wie stehts mit der
Aufführung?
David ko
mmt also am 12. daran; ich bin begierig.