Hugo von Hofmannsthal an Arthur Schnitzler, 9. 8. [1895]



*Göding 9. Auguſt

lieber Arthur

es iſt doch ſehr merkwürdig, ſo wider ſeine Natur zu leben, wie ich es jetzt thue, unter Menſchen, denen jeder Antheil ſchon faſt wie Affectation erſcheint. Ich bin begierig, wie ich das ſehen werde, wenn ich von dem unmittelbaren Zwang befreit bin. Euch vermuthe ich mit den däniſchen Buchten und der Münchener Bilderausſtellung in *Gedanken ſo ſpielend, wie mit Spielereien die noch in der Schachtel ſind. Es kränkt mich, daſs mir der Richard nicht ſchreibt. Seit 6 Wochen hat er mir einen Brief geſchrieben, obwohl er weiß, daſs ich eine kindiſche Freude über jeden Brief hab, und hier wirklich wenig habe was mir Freud macht. Sonntag iſt das Rennen. Wenn ich an die Bretterwand hinflieg und mir das Genick brech (unwahrſcheinlich, *aber möglich) ſollt Ihr meine vielen Notizen auf Zetteln herausgeben, in Gedankengruppen geordnet, mit einem ſehr einfachen, die Aſſociationen aufdeckenden Commentar. Denn meine Gedanken gehören alle zuſammen, weil ich von der Einheit der Welt ſehr ſtark durchdrungen bin. Ich glaub ſogar ein Dichter iſt eben ein Menſch, dem in guten Stunden die Gedanken »ausgehen« wie man beim Patiencelegen ſagt. – Am 15ten iſt Abmarſch *nach Znaim, dann Stockerau etc. etc. Bitte alſo Briefe vom 14ten an nach Wien richten, von wo ſie nachgeſchickt werden.
Auf Wiederſehen!
Hugo.
Bitte können Sie in Erfahrung bringen ob Dr Mamroth nicht mehr bei der Frankf. iſt, oder beurlaubt? und mir das ſchreiben?
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