Lieber Richard. Ich freue mich sehr, dass ich Sie noch in
Wien sehen werde. –
Nobl sprach ich vorgestern, er hat, »angeregt« durch Ihr
e persönliche
Bekanntschaft, das
Kind gelesen. Sie werden ersucht, sich nächstens auf gefahrlosere Weise Leser zu verschaffen. – Habe heute Kopfweh, nach einer »ungemeinen« Landpartie die ich gestern gemacht und die – entschuldigen – in zwei miserabeln Betten einer
niederoesterreichischen Stadt endete.
– Von der
Lou Salomé hab ich noch i
mmer gar nichts gehört. Sie? – Wie wird es mit
Kopenhagen sein? – Auch von
Paul ist noch nichts Definitives herauszubeko
mmen. – Ke
nnen Sie den
Briefwechsel Lessing – Eva König. Er ist nicht sehr interessant. Merkwürdig nur, wie sie sich i
mmer über Lotterienu
mmern berathen. – Lesen Sie den
Candide. – Hingegen weniger nothwendig das »
Gelächter« von
Dörmann. – Ich übe mich in erzählender Prosa: Schreibe »Historietten« – we
nn Sie wollen. Ja, den
alten Dichter hab ich erheblich gestrichen; ich find ihn aber noch i
mmer etwas langweilig. Die stilistischen Schlampereien (»ich bin erschrocken«) sind wohl alle draußen. –
– Für
Ischl hab ich literarisch gute Hoffnungen – möchte mein
Stück gern beenden. – Von
Dörmann soll dort ein Einakter gegeben werden, den er mir auch zum lesen gegeben hat u über den ich eigentlich nicht sprechen darf. (»Auch von Frl.
Albrecht müssen wir einige freundliche Worte sagen.«) – Er heißt »
Der Eisbrecher«. – Jo. –
–
Hugo war gestern in
Wien, ich hab ihn versäumt. – Heut bin ich braver Sohn und hole
Mama von der Bahn ab. –
– In diesem Augenblick sitzt der
Schreiber im Nebenzi
mmer u paginirt den
alten Dichter.
Leben Sie wohl und nehmen Sie von Ihrer schönen Arbeitssehnsucht recht viel ins Civil herüber. So kö
nnten Sie z. B. den
Götterliebling zu Ende schreiben. Finden Sie nicht? – Viele herzliche Grüße
24/6 95.