Friedrich M. Fels an Arthur Schnitzler, 26. 10. 1894



*Wien 26. Okt. 94

Lieber Dr Schnitzler!

Danke für Ihre frdl. Bemühungen wegen Extrapost; sie sind gegenstandslos geworden. Ich soeben, mit Empfehlung von Dr. Brüll-Neuda, bei dem Besitzer, Konsul Thalberg, der mir sagte, mit Theater- und Kunstreferat sei er versorgt, dagegen möge ich ihm Feuilletons geben: er habe gestern den Nietzscheartikel in der Allg. gelesen.
Das Folgende bitte ich geheim zu halten: Dr. Ludassy hat vor ein paar Tagen den Kraus koen laſsen; er möge versuchen, Theaterreferate zu schreiben; er, Ludassy, werde suchen, sie unterzubringen, nachdem er mit Glücksmas Berichten nicht zufrieden sei. So steht also die Sache diesmal so: ich bin nicht etwa, wie schon mehrmals zu spät gekoen, sondern einfach übergangen worden wegen – Kraus, den Sie zwar schätzen, der aber nichts weiſs und nichts ka.
*An sich geht mir die Sache nicht nahe; dazu schätze ich mich viel zu sehr und weiſs, daſs, wer Kraus mir vorzieht, um seinen Geschmack nicht zu beneiden ist; auch Neuma-Hofer hat den Kraus ja wegen »Unwiſsenheit, die durch einen schneidigen Ton allein nicht gut zu machen sei«, hinausgeschmiſsen. Aber daſs ich wieder einmal kein ständiges Referat bekoen habe, das schmerzt mich, we ich bedenke, daſs nun wieder mehr Aussicht für mich vorhanden ist, das nicht zu erreichen, was ich anstrebe. Mögen also die Dinge ihren Lauf nehmen: ich hadere mit niemanden.
Herzlichen Gruſs
von Ihrem
Fels
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    Nietzscheartikel] Friedr. M. Fels: Friedrich Nietzsche. In: Wiener Allgemeine Zeitung, Nr. 4988, 26. 10. 1894, S. 2–3.