es ist nicht schwer sich vorzustellen, wie viel Bücher Sie zugesandt beko
mmen, und als ich mir erlaubte, Ihnen die
meinen zu schicken, hab ich natürlich gehofft – habe aber gewiss nicht darauf gerechnet, dass Sie Zeit und Lust haben würden, die Bücher eines ziemlich Unbeka
nnten zu lesen. Und nun habe ich Ihren Brief beko
mmen, mit all dem liebenswürdigen und ehrenvollen, das er enthält; und ich ka
nn Ihnen gar nicht sagen, eine wie tiefe Freude er mir bedeutet hat. Auf eine kurze Reise, von der ich eben zurückgekehrt bin, hatte ich Ihr letztes mir unbeka
nntes Buch »
Menschen u Werke« mitgeno
mmen. Ich bin es gewohnt, Ihre Bücher mit der stillen Bewunderung zu lesen, die man großen und fernen Geistern entgegenbringt; diesmal habe ich aber auch andres empfunden. Ich glaube, es war eine Art von Stolz. Mit einem Male ist meine Existenz in das Bereich Ihres Schauens gerückt, und we
nn ich Ihnen sage, dass ich Sie verehre, so geht meine Stimme nicht unter den tausenden verloren, deren Namen Sie nicht kennen. Diese vielleicht etwas hochmütige Empfindung blieb mir von der ersten bis zur letzten Zeile, – und, ich will es Ihnen nur gestehn, sie hat mir so wohl gethan, dass ich mir sehr fest vorgenommen habe, von Ihnen nicht wieder vergessen zu werden. Ihre Worte, hochverehrter Herr, sind mehr als Anerke
nnung, Lob, Ermuthigung – ich betrachte sie als Würde, die mir verliehen ist; – lassen Sie mich Ihnen aufs innigste dafür danken.
Es ist Ihnen, hochverehrter Herr, kaum beka
nnt geworden, dass »
Das Märchen« bereits aufgeführt worden ist. Man hat es in
Wien, im
Deutschen Volkstheater gegeben. Die zwei ersten Akte gefielen; der dritte misfiel so gründlich, dass er das ganze Stück mitriss. Insbesondere scheint man über die moralischen Qualitäten des Stückes wenig erbaut gewesen zu sein; – ein
Kritiker rief mir zu: »
Um Reinlichkeit wird gebeten«; ein
anderer sprach geradezu von der »
wahrhaft erschreckenden sittlichen Verwahrlosung«, von der das Schauspiel Zeugnis gebe. Eine
Berliner Bühne, die das
Märchen schon angeno
mmen hatte, trat auf den
Wiener Miserfolg hin von
ihrer Verpflichtung zurück, und somit ka
nn ich wohl die Bühnenlaufbahn dieses Stückes als abgeschlossen ansehn. – Ich habe mich beinahe verpflichtet gefühlt, Ihnen diese äußern Umstände mitzutheilen, die mich anfangs wohl verstimmt haben, die ich aber bald als das betrachten konnte, was sie sind – als äußere Umstände. –
Nochmals, hochverehrter Herr, bitte ich Sie meiner tiefsten Dankbarkeit und meiner unveränderlichen Bewunderung versichert zu sein,
Arthur Schnitzler