mein lieber Hugo, ich danke Ihnen ſehr für Ihre Gratulation zum
Raimundpreis; und will Ihnen für alle Fälle gleich ſagen, daſs
Sie mir gewiſs nicht zum Schatten geworden ſind und es niemals werden können. We
n̅ unſre Beziehungen ein wenig loſer geworden ſind, oder beſſer geſagt, ſich
↓eben↓ in einer loſeren Epoche befinden, ſo iſt daran wohl mehr äußeres als inneres ſchuld,
im̅ und daſs Sie eher geneigt ſind, nach mir zu rufen als ich nach Ihnen liegt wohl hauptſächlich daran, daſs Sie oft »ſowieſo« nach
Wien ko
m̅en, ich aber nie »ſowieſo« nach
Rodaun – ferner daran: daſs wir’s uns beide, wohl aus unſrer Natur heraus ſo und nicht anders eingerichtet haben. Und ſo käm ich jetzt wohl auch auf den
Semmering – we
n̅ mir die Wetterverhältniſſe um dieſe Zeit oben nicht ſo unangenehm wären. Ändert ſichs noch beträchtlich, ſo meld ich mich vielleicht. Andernfalls möcht ich Sie im Thal ſo bald es angeht, ſehn; denn ich glaube,
*Sie haben das Bedürfnis mir von Ihrer neuen
Arbeit was zu erzählen – und ich rechne es wie Ihnen nicht unbekannt iſt, immer zu meinen beſten Stunden, we
n̅ Sie ſich zu mir über Ihre Sachen ausſprechen. Und aus ſolchen Stunden ſcheiden wir, wie Sie wohl auch ſchon oft gefühlt haben, ſo in beſten Si
n̅en verbunden, daſs ein Auseinanderlaufen äußerer Lebenslinien für das weſentliche unſrer Beziehungen
↑hinauf↓ längre Zeit
↓hin↓ ohne Bedeutung, we
n̅ auch oft mit einiger Wehmut zu empfinden bleibt. Im ganzen aber glaub ich, trotz aller Ehrfurcht vor dem Geſetz der Entwicklung, immer mehr an die Conſtanz der
↓menſchlichen↓ Beziehungen
↓ſo↓wie an die der Menſchen: was aus uns und aus andern wird, hat Ahnung längst vorausempfunden, und jeder Wolkendunſt unſrer Jugend, der ſich harmlos zu verziehen ſchien, ko
m̅t irgend einmal als Gewitter wieder. Von dieſem Ausflug ins Allgemeinere oder Halbwahre kehre ich in die Realität gerne wieder, wo ich Sie ſehr bald, und ich hoffe in beſſerer Sti
m̅ung als Ihr Brief mir vertraut, zu ſehn u ſprechen wünſche.